SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Hast du dein Mathebuch eingepackt? Was nimmst du als Schulbrot mit? Wer holt heute die Kinder vom Kindergarten ab? Kannst du Vokabeln abfragen? Kommen alle pünktlich aus dem Haus? So geht es bei uns jeden Morgen zu. Nicht nur bei uns. Fragen bestimmen in vielen Familien den Morgen. Sorgen um dies oder jenes. Was ist zu tun? An was muss ich denken? Jeder Tag ist ein neues Abenteuer – und manchmal ziemlich nervenaufreibend. Die Fragen und Sorgen lassen sich nicht so einfach abstellen. Sicher, vieles ist Routine, aber immer wieder gibt es was Neues, Ungewöhnliches. Richtig Ruhe kehrt da selten ein. Der Morgen wird halt von den ganz normalen und banalen Bedürfnisse regiert, von Fragen und Problemen des Alltags eben.
Heute wird in der Katholischen Kirche ein biblischer Text gelesen, der mit den Sorgen ins Gericht geht. Im Markusevangelium wird erzählt, dass sich die Anhänger Jesu große Sorgen machen. Sie sind schon länger unterwegs, wandern von Ort zu Ort, haben jetzt aber kein Brot mehr. Nichts zu essen. Sie diskutieren: Wo kriegen wir jetzt was zu essen her? Und Jesus? Der wird offenkundig sauer, herrscht sie an: Was macht ihr euch Gedanken über das Brot? „Habt ihr denn keine Augen zu sehen und keine Ohren, um zu hören?“ (Mk 8,14ff) sagt er. Und erinnert sie an die fünf Brote und zwei Fische, mit denen schon einmal über fünftausend Menschen satt wurden. Jesus erinnert sie an dieses Essen, erinnert sie daran, wie sie mit eigenen Augen gesehen haben, dass sie sich keine Sorgen machen müssen.
Was mir gefällt: Manchmal kommt die Bibel überraschend menschlich daher. Da geht es nicht hochgestochen um Gott, sondern um die ganz banalen Bedürfnisse der Welt. Zum Beispiel um das Abendessen. Da ist mir die Bibel nahe.
Was mich ärgert: Dieser Jesus hat ziemlich leicht reden. Zur Not können erwachsene Leute ja auch mal auf das Abendessen verzichten. Zumal wenn man in Sachen Weltverbesserung unterwegs ist, wie die Jünger. In jeder normalen Familie ist das unmöglich. Da muss für das Brot am Abend irgendwie gesorgt werden.
Was ich lerne: Der Satz „Habt ihr denn keine Augen zu sehen und keine Ohren, um zu hören?“ reizt mich. Vielleicht gehen im Alltag wichtige Erfahrungen unter, weil ich Augen und Ohren nicht aufsperre. Die guten Dinge nicht sehe und höre, die passieren. Ich erfahre nämlich immer wieder, dass sich manches wie von selbst regelt. Ich erfahre, dass sich nicht alles organisieren lässt. Ich erfahre, dass vieles im Leben auch ohne Planung gelingt und gut geht. Vielleicht hilft mir diese Erfahrung, wenn ich mir mal wieder Sorgen mache. Wenn wieder mal Chaos am Frühstückstisch herrscht. Einfach nur der Gedanke: Das Leben besteht aus mehr, als aus Sorgen um den nächsten Tag.


https://www.kirche-im-swr.de/?m=3682
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