SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Bild in der Zeitung. Großaufnahme irgendeines Politikers. Wichtige Angelegenheit. Die kleine Emma betrachtet das Bild. Hund, sagt sie. Ach, sage ich, da ist doch kein Hund. Hund, beharrt sie. Ich starre auf das Bild, sehe immer nur diesen lächelnden Politiker. Hund. Kleine Kinder können ja sehr hartnäckig sein. Und auf einmal sehe ich ihn auch. Winzigklein im Hintergrund. In der Tat. Ein Hund. Den hätte ich glatt übersehen.
Weil ich dieses Bild mit Erwachsenenaugen betrachte. Und die sind darauf gepolt, das zu sehen, was ins Auge fällt. Was anderen wichtig ist. So dass es eben groß ins Bild gesetzt wird. Kinderaugen dagegen haben einen Blick fürs Detail. Sie sehen, was ihnen wichtig ist. In diesem Fall eben einen Hund. Auch wenn er noch so klein ist.
Und das erinnert mich an die Geschichte vom Senfkorn, die Jesus erzählt. Er vergleicht das Reich Gottes mit einem Senfkorn, das nun eben auch ein ziemlich kleines Dingelchen ist. Erst wenn es wächst und größer wird, fällt es ins Auge. Bis man es schließlich nicht mehr übersehen kann. Aber das, sagt Jesus, wird noch eine ganze Weile dauern. Einstweilen können wir Gottes Gegenwart in unserer Welt eben nur dann wahrnehmen, wenn wir einen Blick fürs Kleine haben. So klein wie ein Senfkorn.
Mit unseren normalen Sehgewohnheiten ist das Reich Gottes also ähnlich schwer zu entdecken wie der Hund auf dem Bild. Weil ganz andere Dinge im Vordergrund stehen und ins Auge fallen. Der Glanz von Macht, Geld und Schönheit zum Beispiel. Solche Dinge ziehen eben immer die Blicke auf sich. Tun so, als wären sie wirklich wichtig. Aber für das, was für Menschen wirklich wichtig ist, dafür fehlt uns oft der Blick. Und genau da, sagt Jesus, tut sich Gottes neue Welt auf. Schade, wenn man das nicht sieht.
Deshalb lohnt es sich, genau hinzusehen. Das ganze Bild des Lebens wahrzunehmen. Nicht nur das Vordergründe, sondern die Details. Die großmütigen kleinen Leute, die großzügigen kleinen Gesten, die großartigen kleinen Momente. Weil in all diesen kleinen Zeichen Gottes große Liebe steckt. Und die will ich nun wirklich nicht übersehen.
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