SWR3 Gedanken

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Jana ist vier. Sie ist das jüngste von drei Kindern. Ihre Mutter ist alleinerziehend und vor einem guten halben Jahr in die Sowieso-Straße gezogen. Janas Mutter hat Arbeit. Aber der Alltag mit Arbeit und drei Kindern kostet sie jede Menge Kraft. Und Verwandte hat sie keine, die in der Nähe wohnen.
Inge wohnt nebenan. Sie ist achtundsechzig und hat vor zwei Jahren ihren Mann verloren. Inge hat ihr Leben im Griff. Aber nur nach außen hin. Innen drin ist Inge leer. Weiß morgens eigentlich nicht so genau, warum sie aufstehen soll. Tut es nur, weil es sich halt so gehört. Und dann vergehen die Stunden, bis Inge wieder ins Bett geht. Tag für Tag.
An einem Tag vor ungefähr sechs Wochen treffen sich Janas Mutter und Inge an den Mülltonnen. Man kommt ins Gespräch. Es beginnt an den Mülltonnen und endet bei Inge am Küchentisch. Natürlich hat Inge die Nachbarskinder schon gesehen. Reizende Kinder, findet sie. Ihre Enkel wohnen sehr weit weg. Reizende Kinder, jaja, sagt Janas Mutter. Aber manchmal auch ziemlich anstrengend.
Am nächsten Morgen hat Jana Halsschmerzen. Wäre besser, wenn sie zu Hause bliebe. Aber ausgerechnet an diesem Tag muss Janas Mutter dringend zur Arbeit. Deswegen fasst sich Janas Mutter ein Herz. Und klingelt bei Inge. Inge ist noch im Morgenmantel. Hat ja nichts zu versäumen. Kann Jana heute bei Ihnen bleiben, fragt Janas Mutter. Inge ist verdutzt. Und selbst ein bisschen erstaunt, als sie sich „Ja sicher“ sagen hört.
Und das ist der Anfang einer wunderbaren Freundschaft. Mittlerweile bringt Inge die kleine Jana morgens zum Kindergarten. Und Jana bastelt nicht nur für ihre Mutter und ihre Geschwister ein Geschenk zu Weihnachten, sondern eben auch für Inge. Und am Heiligabend wird Inge bestimmt nicht allein in ihrer Wohnung sitzen. Und Jana wird am Heiligabend eine Oma haben.
Eine richtig schöne Geschichte. Das findet man im Übrigen auch in Janas Kindergarten. Dort soll im neuen Jahr ein Projekt beginnen unter dem Titel „Adoptivoma gesucht“. Weil Jana und Inge ja vielleicht nicht die einzigen sind, die sich über eine wunderbare Freundschaft freuen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=363
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