SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Drei, zwei, eins, meins. Dass man bei dem Internet-Auktionshaus Ebay alles Mögliche und Unmögliche ersteigern kann, ist mittlerweile sattsam bekannt. Und doch findet man immer wieder ein skurriles Schnäppchen. Wie jenes mit folgendem Text: „Sie bieten hier auf den täglichen Einschluss in mein Nachtgebet, das jeden Abend vor dem Einschlafen stattfindet.“
Einhundertzehn Exemplare gab es zu ersteigern. Und immerhin einer hat den Euro lockergemacht. Und bekommt zweifelsfrei hochwertige Ware. Denn im Angebotstext wird zugesichert: „Natürlich ist der Artikelzustand neu, denn gebrauchte Nachtgebete gibt es ja nicht.“ Eine Warengarantie gibt es leider auch nicht. Aber dafür hat der hoffnungsfrohe Kunde ja wenigstens das Porto gespart.
An und für sich finde ich das eine schöne Idee. Dass da jemand für einen anderen betet. Was mir allerdings ein wenig hoch hängt, ist das Verfahren. Klar, vermutlich war da irgendein Scherzkeks am Werk. Der vielleicht selbst am meisten darüber überrascht war, immerhin einen Abnehmer für seine Ware zu finden. Aber genau deshalb hätte ich noch nicht einmal einen Cent für diese Versteigerung locker gemacht. Weil Gebete eben keine Ware sind.
Ich hoffe, dass es Menschen gibt, die für mich beten. Und wenn ich spüre, dass das jemand braucht, tue ich das auch für andere. Sie in mein Gebet mit einschließen. Und in der Kirche tun wir das im Übrigen auch. Jeden Sonntag. In unserer Fürbitte. Da beten wir für Menschen. Laut oder leise. Wir beten für die, die leben. Und für die, die gestorben sind. Wir beten für die, die Not leiden. Und für die, die Verantwortung haben. Wir beten für Menschen, die wir kennen, und für Menschen, die wir niemals kennenlernen werden. Und das alles für umme.
So gesehen ist ein Gebot für ein Gebet kein religiöses Schnäppchen, sondern der reine Wucher. Denn anders als im virtuellen Auktionshaus gibt es im realen Gotteshaus dieses Angebot zum Nulltarif. Also: Greifen Sie zu.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=359
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