Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Auch wenn es weh tut - über das, was geschehen ist, muss gesprochen werden. Nur durch die Wahrheit kann die Würde der traumatisierten Menschen wieder hergestellt werden. Der Mann, der diese Worte immer wieder wiederholte, hieß Juan Gerardi. Er war Bischof in Guatemala, einem Land, von dem Touristen immer wieder schwärmen wegen seiner exotischen Früchte, seiner malerischen Märkte, seiner Vulkane und Bergseen. Doch Bischof Gerardi kannte auch die andere Wirklichkeit des mittelamerikanischen Landes: eine durch einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg traumatisierte Bevölkerung. Vor allem die Ureinwohner, die Mayas, waren von brutaler Gewalt betroffen. Fast in jeder Familie waren Angehörige gefoltert oder getötet worden. Am schlimmsten war es, wenn Menschen einfach verschwanden, ohne dass die Angehörigen erfuhren, was mit ihnen geschehen war. Zurück blieben schwer traumatisierte Menschen. Die Regierung hatte kein Interesse an der Aufklärung der Gewalt. Bischof Juan Gerardi dagegen kämpfte als Leiter einer Wahrheitskommission dafür, dass die Gewaltopfer über ihre Traumata reden konnten. In jahrelanger Kleinarbeit wurden Tausende von Zeugen angehört. Über 55.000 Gewaltverbrechen wurden dokumentiert. Menschen, auf deren Gefühle nie jemand geachtet hatte und deren Würde jahrelang misshandelt worden war, erfuhren auf einmal, dass sich jemand für ihren erlittenen Schmerz interessierte und ihnen zuhörte. Das Ergebnis der Untersuchungen wurde in der überfüllten Kathedrale in der Hauptstadt Guatemala - City der Öffentlichkeit vorgestellt. Nur zwei Tage später wurde Bischof Gerardi vor seinem Haus ermordert - von denen, die an dieser Aufklärung kein Interesse hatten. Dieser Mord ist jetzt genau zehn Jahre her. Doch die Menschen in Guatemala haben Bischof Gerardi bis heute nicht vergessen. In Gedenkgottesdiensten wird in diesen Tagen an ihn und sein Anliegen erinnert: dass wirkliche Versöhnung nur dann möglich ist, wenn über alles, was geschehen ist, gesprochen wird.


Morgengruß aus gegebenem Anlaß (ARD Themenwoche und heutige Kooperation heute zwischen SWR 4 und DasDing) anderer Text!

Alter spielt keine Rolle

Wie alt jemand ist, diese Frage regiert unsere Gesellschaft. Und teilt sie auf. Das Studium darf nicht zu lange dauern. Mit 25 ist man schon zu alt für den Berufseinstieg. Bei DSDS kannst du nur mitmachen, wenn du jünger als dreißig bist. Wer über vierzig ist, kriegt keine gescheite Krankenversicherung mehr. Über 50 keinen guten Job. Alte klagen gegen Kinderlärm im Ferienhotel, Jugendliche leiden unter der Rentnerdemokratie. Die passenden Schlagwörter dazu gibt’s frei Haus: Krieg der Generationen, Vergreisung der Gesellschaft, Jugendwahn.
Fast ist das alles schon in Fleisch und Blut übergegangen. Irgendwie normal. Dass sich Jugendliche und Alte verstehen? Undenkbar.
Die Bibel sieht das anders. Wieder mal. Hier gibt’s Geschichten zu hören, die unser gewohntes Denken auf den Kopf stellen.
Hier gibt es Alte, die plötzlich Hoffnung bekommen. Obwohl alles schon fast zu Ende scheint. Zum Beispiel Sara, die Frau von Abraham. Hat keine Kinder gekriegt. Und ist jetzt über neunzig Jahre alt. Sie hat sich schon abgefunden mit ihrer Kinderlosigkeit. Obwohl das im alten Israel hart war. Insgeheim aber wünscht sie sich fast schon verzweifelt ein eigenes Kind. Und endlich, ihrem Alter zum Trotz, bekommt sie das Kind. Alter spielt für Gott keine Rolle.
In der Bibel gibt es aber auch genug Junge, die ernst genommen werden. Zum Beispiel David. Er ist der jüngste Sohn von Isai. Muss die Schafe hüten. Und wird doch zum König von Israel gemacht. An seinen älteren Brüdern vorbei. An allen weisen Alten vorbei.
Gott, so heißt es, sieht nicht auf das Alter. Sieht nicht auf das Äußere, nicht auf das worauf alle starren. Gott sieht das Herz des Menschen. Allein das zählt. Egal wie jung oder alt jemand ist. Eine starke Botschaft: Entscheidend ist der Mensch, sein Herz, seine Mitte. https://www.kirche-im-swr.de/?m=3542
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