Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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26JAN2022
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Die Pandemie hat mir den Auftrag der Kirche wieder deutlich vor Augen gestellt:
Mich sorgt zunehmend, wie sich die Debatte um Corona auswirkt. Ich erlebe in meinem Bekanntenkreis, dass der Streit um Schutzmaßnahmen Familien regelrecht spaltet. Oder dass Menschen über die Impfpflicht streiten und dabei vergessen, was sie seit Jahren verbindet. Das setzt sich im Großen fort. Impfskeptiker werfen der Mehrheit vor, Ungeimpfte würden aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Geimpfte zucken die Schultern, haben oft nur ein „Selber schuld“ übrig und machen die Ungeimpften verantwortlich für die Verbreitung der Pandemie. Dass einer auf den anderen hört, findet häufig nicht mehr statt. Spaltung vertieft sich bis hin zur Gewalt.

Zusätzlich übersehen wir in unserem Egoismus Menschen in anderen Ländern. Während wir über Boostern und vierte Impfung nachdenken, fehlen anderswo die Mittel für eine ernsthafte erste Impfkampagne. Weitgehend ungehört verhallt der Ruf der Weltgesundheitsorganisation, vor weiterem Boostern doch erst mal genug Impfstoff für ärmere Länder zur Verfügung zu stellen.

Da reicht nicht, dass die Kirche für`s Impfen wirbt oder Dome zu Impfzentren macht.
Ich erinnere mich an eine Botschaft des 2. Vatikanischen Konzils. Dort sieht sich die Kirche als das Zeichen und Werkzeug der Einheit der ganzen Menschheit. Einheit unter den Menschen zu stiften und zu fördern, das ist der Auftrag der Kirche. Wenn Impfgegner und Impfbefürworter nicht mehr miteinander reden. Wenn Familien und Freundschaften zerreißen beim Streit um Corona-Maßnahmen. Wenn der Zusammenhalt bedroht ist und Egoismus triumphiert, dann muss die Kirche gegen den Trend arbeiten. Sie muss das Gespräch mit allen aufrechterhalten. Sie muss für eine Atmosphäre werben und sorgen, in der Menschen trotz unterschiedlicher Meinung noch miteinander reden und füreinander da sind. Auch weltweit. Trotz aller Ängste. Damit wir Beziehungen, Freundschaften und Werte nicht der Angst opfern. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Kirche Vorsichtsmaßnahmen einhält, aber zugleich alle gemeinsam zum selben Gottesdienst einlädt. Geimpfte wie Ungeimpfte. Damit rechtfertigt sie keine einzige schräge Meinung oder gar Gewalt. Aber sie ermöglicht Gemeinschaft trotz aller Gegensätze. Als Zeichen und Werkzeug der Einheit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34748
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