Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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28JAN2022
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Die Schabbatlektüre der Tora aus dem zweiten Mosebuch bildet die grundlegende Quelle zu den Auslegungen des mosaischen Privatrechts.  Den Schaden, den wir jemandem gewollt oder ungewollt verursachen, müssen wir auch heute, - ebenso, wie zur Zeit der Tora- ersetzen.  Dies ist die erste, jedoch nicht die einzige Grundlage der Rechtsprechung der Tora.  Nicht weniger verbindlich ist das Verbot der Unterdrückung der sozial Schwächeren, d.h. der Witwen, der Waisen und der heimatlosen Fremden.

Es wird gelehrt, dass sobald jemand einem Bedrängten eine Anleihe gewährt, diese zinslos sein muss, weil die Tora Zinsen zu nehmen verbietet. Wenn auch nur ein Gegenstand gepfändet wird, muss man diesen bis zum Sonnenuntergang zurückgeben, - wenn es ein unentbehrlicher Teil des Hausrates ist, wie z.B. eine Decke, oder ein Bekleidungsstück.  Das zinslose Darlehen für die Notleidenden ist in der jüdischen Gemeinschaft im Laufe der Jahrhunderte eine charakteristische Handlungsweise geworden und ein wesentliches Element der Solidarität unter den Menschen.  Gerade, weil die zinslosen Darlehen nicht nur für Mittellose, sondern sehr häufig auch für Wohlhabendere sich als wichtig erweisen könnten, wenn diese Menschen vorübergehend in die Klemme geraten.

Es ist für uns eine bittere Ironie des Schicksals, dass vom Mittelalter an die nichtjüdische Umwelt in Europa unsere Vorfahren in die Rolle der verhassten Geldverleiher zwang. Es kam nicht selten vor, dass man Juden in der Nähe der Bistümer, oder Klöster nur dann die ersehnten Niederlassungsrechte gewährte, wenn sie bereit waren von der Bevölkerung hohe Zinsen zu nehmen.  Diese mussten sie dann größtenteils den Geldgebern abliefern, die dann ihrerseits ihr makelloses Gewissen gegenüber dem biblischen Zinsverbot wahren durften.  Sehr wenige wissen auch heute, dass in jener Zeit die Juden nicht i h r eigenes Geld, sondern das der Kirchen, verliehen haben.  Jedoch viele nähren bis heute die Vorurteile über den jüdischen Wucher...

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34700
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