SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Kürzlich habe ich Gottesdienste in zwei Stadtteilen einer Großstadt erlebt. In der einen Kirche saßen trotz des hohen Feiertages, im Kirchenschiff verteilt, relativ wenige und überwiegend ältere Menschen. Die „Atmosphäre“ des Gottesdienstes war unterkühlt und wenig einladend. Ganz anders der Gottesdienst im anderen Stadtteil: Die Menschen strömten in die Kirche, unter ihnen zahlreiche junge Familien mit Kindern. Viele begrüßten sich und füllten dann die Bänke. Schon die ersten Klänge der Orgel ließen aufmerken: ein Meister spielte da – und bewies sein Können auch bei der Aufführung einer Kantate. Wie wichtig ist gute Musik in der Kirche! Die Sprache des Liturgen und Predigers war klar, seine Worte waren sorgfältig formuliert. In der Predigt hat die Auslegung des biblischen Textes immer wieder die Nähe zur Lebenswirklichkeit erreicht, ohne auf platte Weise „aktuell“ sein zu wollen. Die gesamte Atmosphäre war freundlich und einladend – für Jüngere und Ältere.

Die Kirche ist ja auch Kirche für Junge und Alte! Aber woran liegt es, dass, was die Kirche ihrem Wesen nach ist, in der einen Gemeinde mehr, in der anderen weniger gelebt wird? Was führt Jüngere und Ältere in der Kirche zusammen? Was macht Kirche lebendig? Ist Leben in der Kirche planbar? - Die Lebendigkeit einer Gemeinde kann sicher nicht „organisiert“ werden. Sie ist abhängig vom Geist Gottes; er macht lebendig. Diese Erkenntnis kann aber leicht zur frommen Ausrede werden, die das Planbare und Machbare in der Gemeinde, das dem Wirken des Geistes entgegenkommt, verhindert.

Dazu gehören zum Beispiel Erlebnisräume für Kinder und Jugendliche, Möglichkeiten der Begegnung von Menschen ähnlichen Alters oder gleicher Interessen. Gerade so kann ein Gefühl der Zugehörigkeit entstehen, das dann das Miteinander der Generationen und unterschiedlicher Menschen in der Gemeinde begünstigt. Wichtig sind überschaubare Projekte, in denen sich Menschen in begrenzter Zeit für andere einsetzen und dabei erkennbar helfen können. Die notwendige Nähe zur Lebenswirklichkeit der Menschen wird in der Seelsorge und bei der Begleitung von Menschen in besonderen Lebenssituationen erreicht. Im Gottesdienst, in dem die Generationen zusammenkommen, helfen nicht Formlosigkeit, sondern gerade die Achtung vor überkommenen Formen, die Qualität der Inhalte - und eine menschenfreundliche Atmosphäre. Die wird aber wesentlich von Menschen bestimmt wird, die sich nahe gekommen sind – zum Beispiel bei einem Projekt der Gemeinde, bei Besuchen, immer dadurch, dass sie einander wahrnehmen und auf einander zugehen. - So ist die Kirche eine Kirche für Junge und Alte und wird immer wieder Heimat für alle.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3460
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