SWR2 Wort zum Tag

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Sie sind so anders – die Jungen! Und sie leben in einer anderen Welt! Als Älterer stellt man es immer wieder seufzend fest. Zum Beispiel, wenn eine fremde Musik aus dem Zimmer der Kinder und Enkel dröhnt. Oder wenn deren Kleidung dem eigenen Geschmack und deren Lebensstil den eigenen Vorstellungen widersprechen. Aber es gibt auch die anderen Beispiele: Wenn der Sohn oder die Tochter ein Computerproblem mühelos löst und der Vater darüber nur staunen kann. Oder wenn junge Leute manchmal überraschend interessiert nach Erlebnissen und Erfahrungen der Älteren fragen. - Es gibt auch Brücken über den garstigen Graben der Zeit zwischen den Generationen.

Aber dass dieser Graben tief ist, empfindet man doch. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass die Veränderungen, welche die Älteren erlebt haben, gewaltig sind. Man muss nur einen Augenblick daran denken, wie anders deren Kindheit und Jugend aussah: Krieg und Nachkriegszeit mit ihren Entbehrungen, mit Hoffnung auf eine bessere Zukunft, auch mit Verdrängung des Vergangenen. Menschen, die noch fraglose Autorität waren, gehören in diese Zeit, Traditionen und Verhaltensmuster, die heute verblasst oder ganz verschwunden sind. - Die Jungen müssen sich dagegen in einer Welt der Vielfalt und des Überflusses zurechtfinden. Sie fühlen den Druck, haben zu müssen, was „in“ ist und stoßen dabei an Grenzen ihrer Möglichkeiten. In der Vielfalt der Überzeugungen und Lebensmodelle fühlen sie sich freier als die Generationen vor ihnen, die oft überstrengen Normen ausgesetzt waren. Sie müssen aber mehr als diese und ohne verbindende Leitlinien Orientierung suchen und sich entscheiden. – Brücken über diesen Graben zwischen den Generationen entstehen, wenn das Gespräch zwischen ihnen nicht abreißt. Manchmal gelingt ein solches Gespräch mit den Jungen eher den Großeltern, weil der Abstand ihrer Erfahrungen von denen der Jungen so groß ist und ihre Erzählungen darum Neugier wecken. Manchmal sind es neben den Eltern ältere Freunde der Familie oder auch Lehrer, bei denen Junge wie von selbst auf Fragen stoßen wie: Wer bin ich? Was soll ich? Wohin führt mein Weg in meiner Zeit und wie kann ich ihn finden? Was hilft mir, wenn ich leiden muss? Was gibt meinem Leben Sinn? Antworten auf solche Fragen finden sich in den großen Erzählungen der Bibel, die von Gott und Menschen handeln, in den Worten von Schuld und Leid, von Befreiung und Aufbruch, von Trost und Hoffnung, von Liebe und Gerechtigkeit. Es ist darum gut, wenn die Älteren auch erzählen können, wie sie selbst in ihnen Halt und Orientierung gefunden haben. Denn es sind Worte, die nicht veralten und die Generationen miteinander verbinden.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3458
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