SWR3 Gedanken

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22NOV2021
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Es gibt Momente, die möchte man am liebsten einfrieren und bei Bedarf wieder auftauen können. So ein Moment ist mir vor kurzem beim Gutenacht sagen passiert. Mein siebenjähriger Sohn drückt mich ganz fest, so dass sein kleiner Körper richtig erzittert, und sagt: „Du Papa, ich hab dich so arg lieb, dass …“ Ich merke wie er nach Worten ringt, und dann platzt es aus ihm heraus. „So lieb, dass ich fast platze!“ Ach, das geht einem Papa runter wie Öl. Und bestimmt auch Mamas, Opas, Freundinnen, Partnern, Tanten und Teenagern.

Ich weiß, die Liebe ist nicht immer nur schön. Ich denke da an Liebekummer, Eifersucht, an gescheiterte Beziehungen, an Liebe, die übergestülpt oder nicht erwidert wird. Und es gibt auch Leute, die in ihrem Leben nur ganz wenig davon abbekommen. Aber Liebe in ihrer Reinform ist einfach etwas Wunderbares - für mich sogar ein Gottesbeweis.

Die aufgeklärte Wissenschaftlerin wird jetzt vielleicht einwenden: Liebe hat gar nichts mit Gott zu tun. Rein biologisch betrachtet treffen da nur die richtigen Hormone und Botenstoffe im richtigen Moment aufeinander, und schon ist der Cocktail Liebe angerichtet. Das leuchtet mir schon ein, aber wer ist der Barkeeper und überreicht uns diesen wunderbaren Drink. Und wer mixt ihn? Und woher kommen die genialen Zutaten?

Ich glaube, dass mehr dahintersteckt, wenn Frau Brink ihren bettlägerigen Mann liebevoll umbettet. Wenn Stefan und Hatice ihren Alltag total umkrempeln, um ihr krankes Kind zu pflegen. Wenn Luke sein Konto plündert, um Sophia nach Australien nachzureisen. Oder wenn Tom seinen Papa beim Gutenachtsagen an sich drückt und sagt: „Ich hab dich so arg lieb, dass ich fast platze!“

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