SWR3 Gedanken

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19NOV2021
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„Ach, dafür bin ich zu alt!“ Das sagt meine Freundin. Sie ist Anfang vierzig und hat das Gefühl, nicht an der Stelle im Leben zu sein, an der sie sein möchte. Aber wenn wir anfangen zu überlegen, was sich ändern könnte, sagt sie immer wieder: „Dafür bin ich zu alt!“

Ich kenne das gut. Mit 19 Jahren bin ich nicht um die Welt gereist, weil ich dachte, danach sei ich zu alt zum Studieren. Mit Mitte zwanzig wollte ich eine Ausbildung anfangen, aber fühlte mich zu alt zwischen all den Neunzehnjährigen. Mit dreißig hatte ich das Gefühl, nicht mehr in die Disco zu können, weil ich – ja genau - zu alt dafür sei. Als ich Vierzig war, bin ich ernsthaft krank geworden. Da habe ich mich dann plötzlich zu jung gefühlt – zu jung zum Sterben. Denn ich habe gemerkt: wenn ich jetzt sterben würde, dann würde ich mich vor allem darüber ärgern, was ich alles nicht getan habe. Auch, weil ich mich zu alt dafür gefühlt habe.

In der Bibel wird von einigen Menschen berichtet, die auch Skrupel in Bezug auf Ihr Alter hatten. Manche haben sich zu alt gefühlt: Abraham und Sarah zum Beispiel, denen im hohen Alter noch Nachwuchs angekündigt wurde. Andere fühlten sich zu jung, so wie der Prophet Jeremia, als er von Gott zum Boten auserwählt wurde. Sie alle haben erfahren: das Alter spielt fast nie die entscheidende Rolle. Für Gott zählt viel mehr, was Du kannst, woran Du Freude hast und was Du ersehnst. Nicht wie alt Du bist. Meiner Freundin sage ich: Ob Du zu alt bist, das ist die falsche Frage. Und ich frage sie: Wonach sehnst Du Dich, worin liegen Deine Begabungen und was macht Dir Freude? Das sind die Fragen, die weiterführen. Und dann wird vielleicht deutlich, wie sich das Leben ändern kann, damit es gut ist. So gut, dass Du ganz am Ende zufrieden sein kannst, weil Du die Möglichkeiten, die sich Dir geboten haben, genutzt hast. 

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