SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

30OKT2021
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„This day is the first day of the rest of your life. Das war der Titelsatz einer meiner ersten Radiosendungen. Randnotizen hießen sie damals in SWF3, vor fast 30 Jahren. Und er ist auch der Titel meiner letzten Sendung in SWR3.
„Dieser Tag ist der erste Tag vom Rest Deines Lebens.“ Er klingt feierlich dieser Satz, denn er erinnert an die Unberührtheit des Neuen, des ersten Males. Man denkt an die Geburt eines Menschen, an den ersten Kuss oder den ersten Tag im Ruhestand. Der Satz ist verheißungsvoll, wie der Beginn einer Reise, bei der einem die Welt offen zu stehen scheint. Es klingt aber auch ein bisschen Wehmut an, denn dieser Satz macht auch klar, dass unser Leben begrenzt ist, wenn vom „Rest“ des Lebens die Rede ist. Man sieht diesen Satz auf Kalenderblättern und auf einem Blatt im Jahr mag er ja noch zum Nachdenken anregen. Aber was wäre, wenn man seinen Inhalt voll ernst nehmen würde und ihn auf jedes Blatt schreiben würde? 365 Mal!? Es wäre nervtötend, so nervtötend wie Routine eben sein kann. Und damit sind wir mitten drin im Thema. Jeden Tag dasselbe, Aufstehen, Zähne putzen, dasselbe Frühstück, dieselbe Arbeit, dieselben Leute, derselbe Tagesablauf, dieselben Abende, dieselben Wochen, Monate, Jahre. Und auf einmal ist man alt oder krank oder gar beides und fragt sich: und das soll alles gewesen sein?
Der Rat, jeden Tag so zu leben, als wäre er etwas Besonderes ist nicht nur ein schöner weiser Spruch. Er ist eine Beschwörung, sich von der Routine keine Hornhaut über die Seele wachsen zu lassen. Ein Plädoyer für den neuen Blick auf das Alte. Und eine Ermutigung die verkrusteten Alltagsstrukturen immer wieder aufzuknacken. Denn jeder Tag ist ein Teil des ganzen Lebens. Jeder Tag zählt und unsere Tage sind gezählt. Es liegt an uns, was wir daraus machen. Jeden Tag.

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