SWR2 Wort zum Tag

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17NOV2021
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Die erste Predigt, die Jesus gehalten hat, war kurz. Sehr kurz. Kürzer als jedes Wort zum Tag. Sie bestand nur aus vier Sätzen: Die Zeit ist erfüllt! Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen! Tut Buße! Glaubt an das Evangelium! Zwei Ansagen, zwei Aufforderungen. Genial einfach.

500 Jahre später hat Martin Luther schon 95 Sätze gebraucht, um alles zu sagen, was ihm für seine Zeit wichtig war. Aber sein erster Satz knüpft direkt an diese Kurzpredigt Jesu an. Er heißt: „Wenn Jesus Christus spricht: „Tut Buße“ hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.“

Heute ist Buß- und Bettag. Wie viele Sätze braucht es wohl, um zu beschreiben, was Buße für uns heute bedeutet? Wozu fordert Jesus auf, wenn er sagt: Tut Buße? Und was meint Luther damit, dass das ganze Leben Buße sein soll?

Ich habe in eine der neueren Bibelübersetzungen geschaut. Dort wird die Viersatzpredigt von Jesus so wiedergegeben: Die von Gott bestimmte Zeit ist da. Sein Reich kommt jetzt den Menschen nah. Ändert euer Leben! Und glaubt dieser guten Nachricht.

Heute ist also „Ändert euer Leben“ und betet-Tag. Spontan muss ich denken: In meinem Leben hat sich gerade so viel verändert. Ich bin umgezogen, habe einen neuen Job, ich sehne mich gerade viel mehr nach Alltag und Beständigkeit, nach verlässlichen Routinen, als nach Veränderung. Auch aus Politik und Gesellschaft wird täglich der Ruf an mich herangetragen, mein Leben zu ändern: Mein Konsumverhalten, meinen Energieverbrauch, meine Ernährung. 

Und jetzt stößt auch noch die Kirche in dieses Horn. Nicht nur am „Ändere dein Leben und bete“- Tag, nein, das ganze Leben soll umgekrempelt werden.

Aber es gibt einen kleinen feinen Unterschied: Im Hintergrund der Forderungen aus Politik und Gesellschaft hängt eine große tickende Uhr. Die zeigt ständig auf fünf vor zwölf. Manchmal auch auf fünf nach zwölf. Im Hintergrund der Aufforderung Jesu steht eine ganz andere Zeitansage, nämlich: „Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Sein Reich kommt jetzt den Menschen nah. Glaubt dieser guten Nachricht.“ Das will ich tun. Denn es ist nicht egal, aus welcher Motivation ich mein Leben ändern soll. Ob aus Angst vor dem Untergang oder im Vertrauen darauf, dass Gott der Welt ein Ziel gesetzt hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34222
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