Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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03NOV2021
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Es ist ein Skandal. Nein, genau genommen sind es sogar 800 Millionen Skandale. So viele Menschen weltweit haben nämlich nicht ausreichend zu essen. Mehr als 800 Millionen. Das ist jeder zehnte Mensch auf der Erde. Ein großer Teil von ihnen leidet unter Mangelernährung. Vielen anderen fehlt es schlicht an Nahrung. Sie leiden Hunger. Wenn ich ehrlich bin, dann ist das ein Wort, dessen Tragweite ich wohl nicht wirklich erfassen kann. Denn echten, lebensbedrohenden Hunger, der weh tut und die Kraft raubt, den kenne ich gar nicht. Und wenn doch mal so etwas wie Hunger aufkommen sollte, dann findet sich in meinem Kühlschrank oder im Keller ja immer etwas.

2015, bei der Pariser Klimakonferenz, hatten sich die Staaten der Welt noch verpflichtet, den Hunger bis 2030 ganz zu beseitigen. Ein schöner Wunsch. In Wahrheit sind wir davon nicht nur weit entfernt. Durch die Folgen der Pandemie hungern sogar wieder mehr Menschen als vorher. Und das schlimmste daran: Es müsste nicht sein. Das Hilfswerk Misereor sagt, dass es genug Nahrung für jeden gibt. Eigentlich. Sie ist nur schrecklich ungerecht verteilt. Während hier in Europa jedes Jahr Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll landen, fehlen sie vielfach in Afrika, Asien oder Lateinamerika. Doch das überzählige Brot oder die Früchte, die hier keiner kaufen will, helfen den Menschen anderswo nicht. Denn ein wichtiger Grund für den Hunger in der Welt sind etwa Missernten. Weil die Felder von Wasser überflutet oder durch oft jahrelange Dürre unbrauchbar werden. Der Klimawandel lässt grüßen. Und noch viel schlimmer: Krieg. Immer wieder Krieg. Wo Krieg herrscht können Felder nicht mehr bestellt werden. Und manch krimineller Warlord setzt Hunger und Not sogar als Kriegswaffe ein.

Für mich, der ich echten Hunger nicht kenne, heißt das: Spenden an Misereor, Brot für die Welt und andere Werke bleiben dringend nötig, um die schlimmste Not zu lindern. Aber sie alleine reichen nicht. Es braucht auf längere Sicht auch das Engagement gegen den Klimawandel oder gegen Waffenexporte in Krisengebiete. Denn auch das ist letztlich ein Engagement gegen den Hunger. Ich bin nicht ohnmächtig. Ich kann etwas tun gegen den Skandal namens Hunger.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34199
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