SWR2 Wort zum Tag

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02NOV2021
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„Grüß Gott!“ Ganz überrascht war ich, als mich neulich beim Wandern ein Mann so gegrüßt hat.
Mit der Familie wandern wir gern am Haardtrand des Pfälzer Waldes. Im steten Wechsel zwischen Wald und Weinbergen, mit vielen schönen Ausblicken auf die Rheinebene in ihrer ganzen Weite, umgeben von der bunten Farbenpracht der Blätter von Wald und Reben, die im Herbst Landschaft und Seele zum Leuchten bringt.

Wir sind nicht die einzigen Wanderer, die da unterwegs sind. Und wie es sich gehört, begrüßt man einander mit einem „Hallo“ oder „Guten Taq“ oder einfach einem leichten Kopfnicken. Aber dann kam dieser Wanderer mit seinem fröhlichen „Grüß Gott!“ und hat mich ins Nachdenken gebracht.

Mir ist aufgefallen, wie lange ich das schon nicht mehr gehört habe. In meiner Kindheit ist es ein gängiger Gruß gewesen. Jedenfalls in Süddeutschland. Beim sonntäglichen Wandern auf der Schwäbischen Alb oder im Allgäu und auch im Alltag, wenn man sich beim Einkaufen auf der Straße begegnet ist.

„Grüß Gott!“... . Das bedeutet „möge dir Gott freundlich begegnen“ oder „möge Gott dich segnen“. Das ist doch ein guter Wunsch. Unabhängig davon, ob der andere an Gott glaubt oder nicht. Dass ich demjenigen, dem ich begegne, wünsche, dass Gott seine Hand über ihn halten möge. Dass er oder sie Gutes erfahren möge.

Zum Beispiel beim Wandern durch den Pfälzer Wald. Gerade jetzt im Herbst, wo manche Wege gefährlich feucht und glitschig sind, vielleicht sogar schon gefroren. Oder der Nebel den Blick verschleiert, so dass man Mühe hat, nicht vom Weg abzukommen und sich zu verirren. Da kann man ein „Grüß Gott“ durchaus gebrauchen.

Erst recht aber im weiteren Sinn. Beim Wandern durch das Leben. Im wiederkehrenden Wechsel von Höhen und Tiefen. Dass Schritt und Tritt gelingen, von Kindheit und Jugend an bis ins Alter hinein. Gesegnet sein mit guten und gelingenden Wegen, stimmigen Stationen, bergenden Unterkünften und treuen Weggefährten.

Gesegnet sein mit Ruhe und Gelassenheit, wenn ein Weg anders verläuft, als man es sich erhofft und gewünscht hat. Zufrieden sein können mit dem, was ist - und an dem nicht verzweifeln, was nicht ist.

Die Fülle des Lebens spüren können beim Anblick so vieler bunter Lebensblätter, die den Weg säumen und ihn so zum Leuchten bringen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, von Wanderer zu Wanderer, ein herzliches „Grüß Gott!“ nicht nur für den heutigen Tag!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34194
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