SWR3 Gedanken

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31OKT2021
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„Ich sehe alles noch ganz verzerrt“, hat mir ein Bekannter erzählt. Er hatte einige Jahre keine passende Brille auf. Deshalb hat sein Gehirn die verzerrte Wahrnehmung der Augen korrigiert. Das ist aber anstrengend, oft hatte er deswegen Kopfschmerzen.

Mit einer neuen Brille musste sein Gehirn erst mal kapieren, dass jetzt die Brille wieder die Korrektur übernimmt. Inzwischen sieht er alles wieder unverzerrt und er hat viel seltener Kopfschmerzen.

Auch bei der Frage nach Gott können sich mit der Zeit verzerrte Wahrnehmungen einschleichen. Wenn wir sozusagen die falsche Brille aufhaben. Eine, die auf den Gedanken eingestellt ist: „Ich muss alles ‚richtig‘ machen, damit Gott mich mag.“ Ich finde, das ist ein toxischer Gedanke. Denn wer kann schon immer alles richtig machen? Dieser Gedanke kann das ganze Leben vergiften. Quasi zu „Seelenschmerzen“ führen.

Um solche toxischen Gedanken über Gott wieder abzulegen, braucht es eine neue Brille. Eine, die meine Wahrnehmung von Gott korrigiert. Martin Luther hat uns so eine Brille in die Hand gedrückt. Der hatte nämlich erkannt: „Ich muss nicht erst alles richtig machen. Gott macht mich richtig!“

Wenn dieser Gedanke in Kopf und Herz ankommt, verdrängt er die verzerrte Wahrnehmung von Gott. Die Seelenschmerzen nehmen ab. Das ist für mich ein Grund zu feiern. Und genau diese Entdeckung von Martin Luther feiere ich heute mit vielen anderen am Reformationstag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34183
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