SWR3 Gedanken

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Overkill! Das bizarre Wort ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Es umschreibt das bis dahin Unvorstellbare: Die Fähigkeit des Menschen, dank Massenvernichtungswaffen alles Leben auf Erden auslöschen zu können. Eine Fähigkeit, die bis dahin nur Gott zukam. Die biblische Geschichte von Noah erzählt davon. Eines Tages bekommt Noah von Gott den Auftrag, ein riesiges Schiff zu bauen, eine Arche. In diesem Schiff soll er sich und seine Familie in Sicherheit bringen und darüber hinaus auch von allen Tieren je ein Paar. Eine gewaltige Flut werde nämlich kommen und alles Leben auf Erden vernichten. Seine Nachbarn lachen sich scheckig über diesen Irren, der mitten auf dem Festland beginnt, ein Riesenschiff zu zimmern. Als die Flut schließlich kommt, lacht niemand mehr. Seine Familie ist die einzige, die überlebt – und mit ihm die Tiere in der Arche.
Erinnerungen, die mir in den Sinn kamen, als vor vier Wochen im ewigen Eis von Spitzbergen wieder eine Arche eröffnet wurde. In einem Stollen, tief in der gefrorenen Erde, sollen die Samen aller bekannten Nutzpflanzen archiviert werden – für Jahrhunderte. Eine Art Backup der Schöpfung also, falls durch menschlichen Irrsinn einmal ein Teil davon unwiederbringlich verloren geht. Dass für uns – anders als in der Bibel - in dieser Arche aber kein Platz reserviert ist, könnte wohl als Fingerzeig verstanden werden. Für uns gibt es keinen Plan B.
Allen Untergangsszenarien zum Trotz. Die biblische Geschichte endet mit einem grandiosen Happy End: Nachdem die Katastrophe vorüber ist, schließt Gott einen Bund mit den Überlebenden. Nie mehr soll von nun an das Leben auf Erden vernichtet werden. Zum Zeichen dieses Versprechens stellt er seinen leuchtenden Bogen in die Wolken. Das Bild eines Regenbogens über dem Stollen in Spitzbergen. Es wäre vielleicht das sinnenfälligste Zeichen einer Zukunftshoffnung für die Schöpfung.

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