SWR4 Abendgedanken

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20OKT2021
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„Wer spärlich sät, wird spärlich ernten. Und wer reichlich sät, wird reichlich ernten.“ (2. Korinther 9,6) Über diesen Satz habe ich mich vor kurzem ganz schön aufgeregt.

Der Satz steht in der Bibel beim Apostel Paulus: Man soll viel aussäen, also viel für andere tun, dann kann man auch viel ernten. Aber Paulus hat leicht reden! Ich möchte ja für meine Mitmenschen da sein, aber es gibt Tage, an denen kann ich nicht viel geben, weil ich nämlich nicht viel habe. Nicht viel an Geduld für andere, weil ich mit mir selbst unzufrieden bin oder, weil ich es selbst nicht so hinbekomme wie ich es möchte. Oder weil ich nicht so viel Zeit für meine Freunde habe, wie ich gerne hätte. Weil nämlich die Arbeit mich gut im Griff hat und ich gar nicht weiß wie ich alles schaffen soll. Dann kann ich nicht noch mehr geben. Also habe ich mich richtig über diese Aussage geärgert.

Dann habe ich den Bibeltext weitergelesen. Das hätte ich gleich tun sollen, denn dann hätte ich mir den Ärger erspart. Der Text geht nämlich so weiter: „Jeder soll so viel geben, wie er sich selbst vorgenommen hat. Er soll es nicht widerwillig tun und auch nicht, weil er sich dazu gezwungen fühlt. Denn wer fröhlich gibt, den liebt Gott.“

Das macht doch alles viel mehr Sinn. Ich soll nur so viel geben, wie ich mir vorgenommen habe und wie ich geben kann. Das nimmt den ganzen Druck von mir. Ich kann nur geben, was ich habe und was ich entbehren kann. Ich kann mit meinen Freunden nur dann Zeit verbringen, wenn ich welche. Es bringt nichts, schnell noch einen Besuch einzuflicken, weil ich denke, ich müsste es tun. Viel besser ist es, ich sage meinen Freunden, dass ich gerade an meine Grenzen komme. Wenn ich wieder Kraft habe, dann nehme ich mir gerne Zeit für einen Besuch.

Das, was ich gebe, das soll von Herzen kommen. Dann mache ich es gerne. Wenn ich Zeit mit anderen teile, dann, weil ich es kann und weil ich es möchte. So macht es mir Freude, so geht es mir dabei gut. Dann springt diese Freude auf andere über. Es ist dann auch nicht wichtig, ob ich eine Stunde Zeit habe oder einen halben Tag. Hauptsache, es kommt von Herzen.

Dann passt es, dann säe ich reichlich und bekomme viel. Weil ich das, was ich gebe, gerne gebe. Dann ist die Menge egal, weil es von Herzen kommt.

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