SWR3 Gedanken

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12OKT2021
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Es war ein wirklich netter Paarabend mit Jana und Tim. Die Gespräche locker und die Stimmung ausgelassen. Bis irgendwer das Thema „Corona“ anspricht. Und dann kippt auf einmal die Stimmung. Gerade noch alles entspannt und plötzlich alles anders; als ob jemand die Raumtemperatur um ein paar Grad runtergedreht hat; und das allgemeine Gelächter weicht einer heftigen Diskussion. Die läuft eine ganze Weile bis am Ende nur noch ein Schlachtfeld aus Worten bleibt. Jetzt sagt Tim: „Stopp, wir kommen so nicht weiter. Ich glaube wir denken bei der Sache einfach total unterschiedlich. Kein Thema, aber lasst uns das jetzt erstmal ad acta legen.“ Gesagt getan: Wir haben das Thema gewechselt, nochmal Wein aufgemacht und am Ende des Abends war es fast wieder wie davor, aber eben nur fast. Und das hat mich im Nachhinein gefuchst. Wieso musste die Stimmung kippen? Und warum haben wir es nicht hingekriegt in Ruhe über Corona zu reden? Vielleicht hat es daran gelegen: Wir wollten uns unbedingt gegenseitig überzeugen. Aber wenn Wand gegen Wand fährt, bleibt kein Raum mehr dazwischen. Viel cooler und entspannter wäre gewesen, wenn ich meine Wortgeschütze erstmal ruhen gelassen hätte; und dafür lieber so was wie meinen inneren freundlichen Forscher an die Diskussions-Front geschickt hätte. So ein Mini-Wissenschaftler, der unbedingt rauskriegen will, was da los ist, wie der andere es meinen könnte, was er sagt, und der es ruhig und neutral angeht. Wenn ich bei der nächsten Grundsatz-Diskussion erstmal meinem inneren Forscher den Vortritt lasse, läuft das hoffentlich anders. Damit am Ende möglichst kein Schlachtfeld übrig bleibt, sondern zumindest ein „agree-to-disagree“. Das klingt auf Englisch fast höflich und gelassen. Auf Deutsch übersetzt heißt das so viel wie „Wir sind uns einig, dass wir nicht einer Meinung sind“. Hört sich erstmal wenig an. Aber das entspannt im Raum so stehen zu lassen, das ist viel!

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