SWR3 Gedanken

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11OKT2021
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Ich hab mal in einem Dorf gewohnt, da gab‘s ein rotes Haus. Und vor dem Haus hat immer ein teurer Porsche geparkt. Ein Firmenwagen und die Firma, eine dubiose. Immer wenn ich an diesem Haus vorbeigelaufen bin, habe ich das Gleiche gedacht: „Ist ja klar wie die sich diesen Porsche leisten können – hier macht jemand ungerechte Geschäfte und verdient sich so eine goldene Nase. Die Leute, die hier wohnen müssen echt skrupellos sein.“

Das hab ich x-mal so gedacht, wochenlang bin ich jeden Tag da vorbei. Bis ich zum ersten Mal auf dem Gehweg die Frau treffe, die da wohnt. Eine echte Überraschung, denn strahlend grüßt mich eine freundliche Frau. Ganz perplex grüße ich lächelnd zurück. Ich gehe weiter und denke: „Naja, so übel kann die doch gar nicht sein. So freundlich, wie die gegrüßt hat.“ Und am nächsten Tag hat sie mir sogar noch durchs Küchenfenster fröhlich zugewunken. Ich freue mich wieder, aber irgendwie fühle ich mich jetzt auch mies. Was ich davor immer über diese Porschefahrerin gedacht habe, ist mir jetzt richtig peinlich: Ich hab sie gar nicht gekannt und nichts über sie gewusst. Aber in dem, wie ich sie beurteilt hab, war ich mir ziemlich sicher. Dabei ist alles was ich jetzt sicher weiß, dass sie einfach erstmal nett ist. Und das nehme ich aus der Story für mich mit: Hirngespinste bringen der Welt nichts. Aber die echte Begegnung mit der Frau hat schon was gebracht, nämlich dass zwei Leute gut voneinander denken und sich freundlich grüßen. Da hat sich nicht mein Kopfkino durchgesetzt, sondern das Leben, ganz in echt – in Farbe und live!

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