Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

14OKT2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Ich hab´s früher echt geglaubt, die Sache mit Popeye und dem Spinat. Popeye, der Seemann aus der Zeichentrickserie, der musste nur eine Dose Spinat essen und gleich wuchsen ihm Muskeln. Und mit denen wurde er stärker als alle. Ich esse immer noch gerne Spinat, aber damals als Kind war es wohl nicht wirklich der Geschmack, den ich toll fand. Ich war davon überzeugt: Davon werde ich unglaublich stark, vielleicht noch stärker als mein großer Bruder.  Meine Kinder habe ich später leider nicht damit überzeugen können.

Aber bis heute glaube ich, dass dieser  kindliche Glaube an Wunderspinat und Zaubertrank, an Unsichtbarmantel und Beschütz-mich-Hund eine Wahrheit in sich trägt. Kinder wissen, dass die Wirklichkeit nicht ausgeschöpft ist mit dem, was sichtbar und erklärbar ist. Natürlich wird der Wunderglaube immer wieder enttäuscht und auch am Spinat habe ich irgendwann gezweifelt. Ich habe ja gemerkt, dass meine Arme immer noch nicht so wurden wie die von Popeye. Später lernt man, dass man viel mehr braucht, um durchs Leben zu kommen, als nur Spinat zu essen oder ein magisches Kuscheltier zu haben. Trotzdem ist da eine tiefe Weisheit im kindlichen Wunderglauben. Es geht im Leben nicht nur ums Funktionieren, um Verstehen und Erklären. Es geht um viel mehr.

Ein Vers aus der Bibel lautet: Alle Dinge sind möglich dem, der glaubt. Ich weiß, dass der Spruch nicht einfach ist, denn auch Menschen mit tiefen Glauben an Gott werden krank oder erleben Krisen und werden enttäuscht. Oft bitte ich Gott, dass etwas möglich wird, und dann sehe ich Sterbende im Krankenhaus oder Menschen, denen die Flut das Haus weggerissen hat und denke: Warum muss das so kommen?

 Und mein Glaube hat auch mich selber nicht zu Herkules werden lassen oder unverletzlich gemacht. Trotzdem ist der Glaube für mich ein tägliches Wunder. Eine andere Stärke als die von Muskeln oder immerwährender Gesundheit. Das Wunder, dass Menschen auch in schweren Krisen nicht aufgeben. Das Wunder, dass es in größter Not auch Menschen gibt, die handeln und anpacken, beten und hoffen. Und so einander helfen, auch schlimme Zeiten zu überstehen. Keine Wunderkraft, aber eine gute Kraft!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34028
weiterlesen...