Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

10OKT2021
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Nie wieder auf ein Geröllfeld! Das hat meine Freundin verkündet. Sie war wandern in den Bergen. Dort ist sie auf einem Geröllfeld ins Rutschen gekommen und hat sich am Knie verletzt. Ich kann sie gut verstehen. Zum einen, weil auch mir Geröllfelder im Gebirge nie geheuer waren. Nirgendwo kann man sich festhalten. Und zum anderen, weil ich auch im Leben das Gefühl kenne, ins Rutschen zu geraten. Ähnlich wie auf einem Geröllfeld. In solchen Momenten habe ich oft gedacht: Nun bin ich so weit gekommen und fast am Ziel und auf einmal tauchen jede Menge Probleme auf. Fast am Ziel - das heißt eben nicht ganz. Fast heißt: Alles ist noch offen, viel kann noch passieren. Auch, dass die Steine unter meinen Füssen sich bewegen und ich ins Rutschen komme. So habe ich es erst kürzlich wieder erlebt: Ich stand vor dem Abschluss einer Weiterbildung. Fast geschafft. Ein Prüfungstag lag noch vor mir. Gut zu schaffen, aber ich war eben erst fast am Ziel. Am Tag vor der Prüfung war ich echt aufgeregt, ich bereitet was vor und  verhedderte ich mich in Formulierungen und Papieren. Es war, als fingen die Steine unter meinen Füssen an, sich zu bewegen. Kann ich das morgen schaffen, fragte ich mich. Ich glaube, so ist es im Leben oft: es wird nicht immer ohne aufgeschlagene Knien oder Rutschpartien gehen.

Aber an dem Tag meiner Prüfung habe ich die Erfahrung gemacht: Man landet manchmal weicher, als man denkt. Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig, wird von Gott in der Bibel gesagt. Eine Kraft, die manchmal eine wackelige, rutschige Angelegenheit ist. Nicht immer feste Tritte ermöglicht. Aber die da ist - und manchmal genau dort, wo ich schwach werde, wo ich rutsche. Die Prüfung wurde zu einem besonderen Moment, irgendwann fühlte ich mich sicherer  und habe wieder Tritt gefasst. Am Ende  hörten sich die Rückmeldungen für mich an, als hätte ich einen Gipfel erklommen – trotz Geröllfeld davor. Nicht wissen, wie und ob man ankommt, aber dennoch weitergehen.

Das Knie von meiner Freundin ist auch wieder heil. Sie wird Geröllfelder in Zukunft meiden, wenn es möglich ist. Aber auch wissen: wenn es nicht anders geht, werde ich auch das schaffen: notfalls auf allen Vieren. Manche Wege wählen wir, manche werden uns zugemutet. Aber immer dürfen wir auf Gott an unserer Seite hoffen - auch im Geröll.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34023
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