SWR2 Wort zum Tag

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02OKT2021
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Der Feiertag morgen fällt kaum auf –  dritter Oktober auf einem Sonntag ist gefühlt ein freier Tag weniger.

Dabei gäbe es genug zu feiern am Tag der deutschen Einheit: Der marode und übergriffige Stasi-Staat ist weg, das ganze Land kann sich über Reise- und Redefreiheit freuen und hat einen beachtlichen Wohlstand entwickelt – für die meisten jedenfalls. Auch zwischen Ost und West entwickeln sich allmählich  vergleichbare Lebensverhältnisse. Und nach Wahlkampf und Wahl kann sich das ganze Land jetzt  hoffentlich gemeinsam den eigentlichen Herausforderungen stellen. So große Aufgaben brauchen weite Perspektiven und alle Kraft – die der Starken und die der Schwächeren auch. Gemeinsam, in Einigkeit und Recht und Freiheit.

Vielen fällt trotzdem schwer,  am dritten Oktober morgen die deutsche Einheit zu feiern. Manche hätten sogar die Mauer gern zurück –  andere sehen neue und alte Mauern,  auch wenn die anders verlaufen als die zwischen den zwei Deutschlands.

So werden ziemlich viele Mitmenschen irgendwie übersehen oder gleich ausgeschlossen, die von draußen hereingekommen sind – ausdrücklich eingeladen, gesucht und umworben; gekommen, um am Glück des Landes teilzuhaben und daran mitzuarbeiten. Ein paar Millionen von diesen Mitbürgerinnen und Mitbürgern  hatten letzten Sonntag kein Wahlrecht zum Bundestag. Menschen, die hier arbeiten und Steuern zahlen, nur dass sie ohne einen deutschen Pass leben …  Ausdrücklich eingeladen – und dennoch ausgeschlossen.

Im katholischen Gottesdienst berichtet das Evangelium morgen ,  wie Jesus mit der Ausschließeritis bei seinen Jüngern umgeht. Die wollen verhindern, dass die Leute Kinder zu ihm bringen;  Jesus soll sie segnen, bitten sie. Gottes Kraft, empowerment würden heute viele sagen, für die Kids und natürlich auch für sich selbst. Jesus wird ein bisschen unwirsch: Lasst die Kinder doch kommen –  denen und Menschen wie ihnen gehört die Zukunft in Gottes neuer Welt.

Das wäre, glaube ich, ein guter Vorsatz für morgen: dass alle gemeinsam für die nächsten Generationen arbeiten. Denen ist das Himmelreich versprochen –  Spuren davon könnten schon mal spürbar werden,  und sei es, indem eine wirklich groß gedachte Einigkeit im Land anfängt. So eine Gemeinschaft, glaube ich, kommt aus Gottes Kraft; sie schenkt Weite und menschliche Nähe.  Das ist die Kraft, mit der Jesus die Kinder gesegnet hat.

Ich wünsche einen guten gesegneten Sonntag der deutschen Einheit, morgen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34002
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