SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

01OKT2021
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Mein Vater war da eisern: solange wir unterwegs sind zum Gipfel hoch: gehen gehen gehen – wer stehen bleibt oder gar Pause macht, hat hinterher große Mühe, wieder in Gang zu kommen. Und wir haben mit dreizehn vierzehn die Zähne zusammengebissen und höchstens mal in einem kurzen unbewachten Augenblick angehalten und uns umgeschaut…

Inzwischen weiß ich, dass er nur ein ganz kleines bisschen Recht hatte – ‚ viel schlimmer war, dass er auch das Trinken verboten hat;  da kriegst du nur noch mehr Durst… Kinder haben das weggesteckt, er selbst hat sicher noch mehr gelitten. Und es war schlicht falsch. Wenn ich heute unterwegs bin, eher auf dem Fahrrad als zu Fuß, und eher im Mittelgebirge, nur selten in den Alpen  und immer mit genug Wasser dabei… Wenn ich also bergauf fahre und es wird mal richtig steil, dann halte ich natürlich erst mal durch – schon, damit ich im Takt bleibe. Aber ganz selten mal muss dann doch ein kurzer Stopp sein. Und – fast fühlt es sich an wie ein kleines Wunder: Gleicher Berg, gleiche Steigung, gleiche Hitze rundum –  und doch fühlt es sich deutlich leichter an,  wenn ich danach wieder auf dem Bock sitze. Jedenfalls für ein paar hundert Meter – oder auch länger.

Da ist es mit dem UnterwegsSein ganz ähnlich wie im Leben überhaupt: Der Mensch braucht Unterbrechungen, Pausen,  wenigstens kurze Abwechslung oder auch Erholung zwischendurch. Das Ziel liegt noch in weiter Ferne und hoch oben –  aber das behältst du ja im Blick. Und kannst dir meist doch auch Zeit nehmen, um mal kurz innezuhalten.

Nimm dir wenigstens eine Stunde am Tag zum Beten, also mit Gott zu reden oder dich Gott auszusetzen. Und wenn du keine Zeit hast, nimm dir zwei Stunden. Der Bischof Franz von Sales hat das den Ordensfrauen geraten, die in ihrem Alltag ganz schön zu tun hatten:  in Schulen und Waisenhäusern und anderen sozialen Aufgaben. Unterbrich deinen Alltags-Kram –  und sei es nur für ein kurzes Staunen über die schönen Wolken, für einen liebevollen Gedanken an die Kinder – oder gern eben auch: halte an für ein kurzes oder längeres Gebet. Gott danken für eine gute Erfahrung;  vor Gott ausbreiten, was mir gerade so richtig schwerfällt. Oder, wenn ein bisschen mehr Zeit ist,  in eine Erzählung eintauchen, in der Jesus zeigt, wie Gott ist…

Nach einer solchen Pause – das ist jedenfalls meine Erfahrung –  geht es meist mit gefühlt neuem Schwung und Schub weiter, mit einer neuen Leichtigkeit,  irgendwie so ähnlich wie auf dem Rad am Berg.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34001
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