SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

27SEP2021
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Beim Einkaufen in der Fußgängerzone treffe ich eine Bekannte – wir unterhalten uns ganz angeregt, bis sie einer anderen Frau missbilligend hinterherschaut und zu mir sagt: „Guck mal, die traut sich aber was...ich würde bei solchen Beinen ja keine Radlerhose anziehen…“

Ich bin erst mal perplex und bringe nur ein verunsichertes Lachen raus – hat meine Bekannte das grad wirklich gesagt? Meint sie das echt ernst? Ich sage ihr, dass das ganz schön krasses Bodyshaming ist – sich über den Körper einer anderen Person so fies zu äußern.

Ich stehe selbst morgens oft vorm Spiegel und frage mich: Kann ich das wirklich anziehen? Bin ich dafür zu dick? Falle ich damit zu sehr auf? Und dabei merke ich, dass das meistens die Stimmen Anderer sind, die mich so verunsichern. Deshalb entscheide ich mich am liebsten ganz nach meinem Bauchgefühl – für die Klamotte, die mir gefällt und in der ich mich wohl fühle. Auch auf die Gefahr hin, dass es Anderen nicht gefällt.

Ich finde, wir dürfen unseren Körper selbstbewusst durchs Leben tragen. Mein Körper ist ein Geschenk Gottes, er ist einzigartig und damit auch ganz anders als jeder andere Körper auf dieser Welt. Und auch mein Charakter, meine Persönlichkeit gibt es so nicht noch einmal. Ich als Gesamtpaket Mensch – mit meinem Körper und meiner Persönlichkeit – bin einzigartig; und diesem einzigartigen Gesamtpaket dürfen wir ruhig etwas mehr Beachtung schenken, wenn wir es in Kleidung verpacken. Denn Klamotten und Mode sind was Wunderbares, um unseren Typ zu unterstreichen und unsere Individualität zu betonen. Und dabei brauchen wir nicht Verstecken spielen oder fremden Erwartungen folgen.

Natürlich sind Geschmäcker unterschiedlich und nicht alles gefällt mir, was ich in der Fußgängerzone entdecke. Das muss es auch gar nicht. Dazu sind wir ja viel zu unterschiedlich. Aber eines haben wir gemein: Dass unser Körper wertvoll ist und deshalb Respekt verdient hat. Sowohl, wenn wir uns anziehen, als auch, wenn wir über ihn sprechen.

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