SWR2 Wort zum Tag

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23SEP2021
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Mahlzeit! schallt es durch die Firmenflure und Werkshallen. Es ist kurz vor zwölf. Mittagspause. Mahlzeit ist ein kurzes Wort. Und dennoch bezeichnend. Bringt es doch zwei Dinge zusammen. Das Mahl und die Zeit: Dass es etwas zu Essen gibt und nun die Zeit dafür gekommen ist.

Ein junger Mann hat mir erzählt, seit er im Homeoffice arbeitet, vergisst er oft, rechtzeitig eine Pause zu machen. Besonders mittags zum Essen. In der Firma war das gar kein Thema. Da ist man zum Essen in die Kantine, hat sich gegenseitig abgeholt. Außerdem war es schön, gemeinsam mit anderen an einem Tisch zu sitzen, zu essen und sich dabei zu unterhalten, über unliebsame Kunden oder das letzte Spiel des FCK. Jetzt hat er das ewig gleiche Käsebrot und den Kaffeebecher neben dem PC geparkt und isst irgendwann zwischendurch. Niemand ruft Mahlzeit!

Mahlzeit kommt von „gesegnete Mahlzeit“ und ist eigentlich nichts anderes als das kürzeste Tischgebet der Welt. Ein Segenswunsch für das Essen, das auf dem Tisch steht, für die Zeit, die damit verbunden ist und für die Menschen, die es einnehmen. Im Wörterbuch der Brüder Grimm lese ich, dass die Verkürzung auf ein einziges Wort schon im 19. Jhdt. durchaus üblich war.

Auf komprimierte Weise wird damit etwas zum Ausdruck gebracht, das über den Wunsch eines „Guten Appetits“ weit hinausreicht: Dass auf diesem Essen, dieser Mahlzeit ein Segen liegt.

Im Nachdenken darüber stelle ich fest, dass vieles mit diesem Segen verbunden ist. Zunächst ganz einfach der Dank, dass dieses Essen möglich ist. Dass es Schnitzel mit Pommes gibt, Grünkernbratlinge, Salat, Tortellini in Tomatensoße. Und Rezepte in allen Variationen: gebraten, gedünstet, gesotten oder überbacken. Dass die Zeit für das Essen eine ungemein kostbare Zeit ist. Die mir wieder Kraft gibt. Für Leib und Seele. Besonders in Gesellschaft mit anderen. Wenn ich das Mahl und die Zeit mit anderen teilen kann. Auch in der Fürbitte für jene, die Hunger leiden, einsam sind.

So entfaltet sich in der Kürze des Wortes die ganze Fülle des Segens: im gemeinsamen Essen, im Miteinander und den Gesprächen, im Reden und Hören, Mitteilen und Wahrnehmen, im Teilen von Lebenszeit, in der heilsamen Unterbrechung der Arbeit, das bringt dieses eine Wort zum Ausdruck, das ich Ihnen für Ihr Mittagessen heute wünsche: Mahlzeit!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33956
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