Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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10SEP2021
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Der katholische Schriftsteller Gisbert Kranz (1921-2009) erzählt von einem Gespräch, das ein portugiesischer Seifenfabrikant mit einem Priester führt. Der Unternehmer hat offenbar mit Glaube und Kirche nicht viel am Hut. „Das Christentum“, so sagt er, „hat nichts erreicht. Obwohl es schon bald zweitausend Jahre gepredigt wird, ist die Welt nicht besser geworden. Es gibt noch immer so viel Schlechtes und so viele böse Menschen.

Da weist ihn der Priester auf ein tief verschmutztes Kind hin, das neben der Straße im Dreck spielt. „Seht ihr, dass Seife nichts erreicht hat. Es gibt immer noch unendlich viel Schmutz in der Welt und viele schmutzige Menschen dazu.“ „Ja, klar“, entgegnet der Fabrikant. „Seife nutzt ja auch nur, wenn sie angewendet wird.“ „Das Christentum auch“, antwortet der Priester.1

Ein Glaube, der nur gepredigt wird, ist blutleer und wirkungslos. Er muss tatsächlich „angewendet“ werden. Wer sich in die Nachfolge Jesu begibt, wer sich an seiner Frohen Botschaft orientiert, dem können die Menschen in seinem Umfeld nicht gleichgültig sein. Christentum ist keine Frage der Gesinnung. Christsein verwirklicht sich im Dienst am Nächsten, ganz konkret.

Der Jakobusbrief im Neuen Testament bringt es auf den Punkt: „Der Glaube für sich allein ist tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat.“ (Jak 2,17) Und die Erfahrung lehrt: Dort, wo das Christentum in dieser Weise „Anwendung findet“, wo es konkret gelebt wird, dort wird es auch beachtet und geschätzt.

„Glauben“ ist im christlichen Verständnis immer ein Tätigkeitswort.

 

1: zit. nach Hoffsümmer, Willi (Hrsg.): Kurzgeschichten 3.

244 Kurzgeschichten für Gottesdienst, Schule und Gruppe. Mainz, 1987, S. 59

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33849
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