Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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09SEP2021
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Jesus von Nazaret ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Und wenn er seinen Zeitgenossen Gott nahebringen will, dann hält er keine akademischen Vorträge oder salbungsvollen Ansprachen. Jesus erzählt Geschichten aus dem Alltag.

Eine davon hat der Evangelist Lukas so überliefert: „Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Wüste zurück und geht dem verlorenen Schaf nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er die Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war! Ich sage euch: Ebenso wird im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die keine Umkehr nötig haben.“ (Lk 15, 4-7)

Schade, dass der Evangelist nichts über die Reaktion der Zuhörer Jesu berichtet! Vermutlich haben die meisten den Kopf geschüttelt. Denn welcher Schäfer wäre so fahrlässig, wegen eines entlaufenen Tieres die ganze Herde in der Wüste zurückzulassen? Die neunundneunzig Schafe wären Raubtieren schutzlos ausgeliefert. Diebe könnten sie mühelos stehlen. Ein Hirt, der so handelt, wie es Jesus in seinem Gleichnis erzählt, der muss schon ziemlich verrückt sein.

Aber genau so ist der Gott, den Jesus verkündet! Er geht jedem nach, der in seinem Leben nicht mehr so recht weiß, wie es weitergehen soll. Der die Orientierung oder vielleicht sogar den Halt verloren hat. Der von den Mitmenschen aufgegeben wird, weil er aus der großen „Herde“ ausgebrochen ist. Jesus macht sich dieses Bild vom „Guten Hirten“ zu eigen. Er fühlt sich, wie er selbst sagt, gesandt „zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“ (Mt 15, 24)

Und so wendet er sich demonstrativ – zum Ärger der Frommen – vor allem den Außenseitern zu, den an den Rand Gedrängten und Zukurzgekommenen. Jesus verdeutlicht in seinem Reden und Handeln: Gott schreibt keinen Menschen ab. Niemand ist verloren. Das ist der Kern seiner Frohen Botschaft. Und sein Auftrag an alle, die ihm nachfolgen.

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