SWR4 Abendgedanken

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10SEP2021
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„Kein Interesse an der Goldenen Konfirmation.“ Ganz enttäuscht hat das eine Frau aus meiner Gemeinde zu mir gesagt. Sie hat sich auf die Suche gemacht nach den Adressen der Menschen, die vor 50 Jahren zusammen mit ihr zur Konfirmation gegangen sind. Und sie hat lauter Absagen bekommen. Kein Interesse an der Goldenen Konfirmation.

Mich macht das sehr nachdenklich. Seit vielen Jahren feiere ich mit den Jubilaren meiner Gemeinde ihre Goldene Konfirmation. Und ich beobachte: Das Interesse dafür hat nachgelassen. Wahrscheinlich gibt es dafür mehrere Gründe: Vielleicht liegt es daran, dass sich die 64-jährigen von heute nicht wie 64 fühlen. Jedenfalls nicht wie Leute, denen es gefällt, ein Fest zu begehen, bei dem es um Erinnerung und ums Zurückschauen geht. Viele sind voller Unternehmungslust und schauen nach vorne, haben Pläne und Projekte. Bei der Goldenen Konfirmation schaut man ja eher zurück, und das Zurückschauen wird lieber auf später verschoben. Vielleicht weil es auch traurig stimmt.

„Altwerden ist nichts für Feiglinge“, hat der Schauspieler Joachim Fuchsberger sein Buch genannt, das er mit 84 Jahren geschrieben hat. Ein humorvoller Satz für einen 84jährigen. Stimmt er auch schon für 64jährige? Ich merke selbst, dass es mir manchmal einen Stich versetzt, wenn andere über berufliche Pläne sprechen, die sie in den nächsten Jahren verwirklichen wollen und ich dann einräumen muss, dass meine Pläne eine ganz andere Richtung nehmen.

Bis in euer Alter bin ich derselbe, sagt Gott in der Bibel zu seinen Menschen (Jes 46,4a). Das finde ich ermutigend: Dass sich in allem, was sich in meinem Leben verändert, Gottes Gegenwart nicht verändert. Ich erlebe Gott immer anders, in jedem Lebensalter entdecke ich neue Seiten an ihm. Das schon. Aber es wird nicht weniger, was ich von ihm erfahre, sondern im Gegenteil: immer mehr. Derselbe Gott, der nicht weggeht, sondern immer für mich da ist.

Das würde ich gerne feiern mit den Menschen, die beim Erwachsenwerden mit 14 Gottes Segen zugesprochen bekommen haben: Wie ermutigend es ist, diesen Segen mit 64 wieder zugesprochen zu bekommen und ihn zu erkennen im nach vorne Schauen und bei einem – mutigen – Blick zurück.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33844
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