SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

06SEP2021
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Sorglos spielen können, manchmal beneide ich kleine Kinder darum, dass sie das hinkriegen. Vor kurzem hatte ich eine wichtige dienstliche Besprechung. Es ist um Baumaßnahmen an unserer Kirche gegangen. Unsere kleine Arbeitsgruppe hat sich dort unter freiem Himmel getroffen, wir haben über die Finanzierung diskutiert und uns die Köpfe dabei heißgeredet. Es war ein warmer Sommertag. Eine Kindergartengruppe ist mit den Erzieherinnen vorbeigekommen und hat im Schatten der Kirche eine Pause eingelegt. Ein Kind hat sich auf den Kiesweg gesetzt und mit den Händen Kreise in den Kies gezogen. Ganz in sich gekehrt, ganz vergnügt und ganz bei sich. Voller Geduld hatte es seine Freude daran, dass seine kleinen Arme so wundervolle Kreise hinbekommen. Was für ein beruhigendes Bild! Und was für ein Gegensatz zu den heftigen Diskussionen und Überlegungen und Bedenken, die wir Erwachsenen im selben Moment ausgetauscht haben.

Ich denke mir, mindestens unsere Seele kennt dieses Gefühl von Sorglosigkeit. Und unsere Seele erkennt es wieder in den Bildern, die Jesus vom Paradies zeichnet, vom Reich Gottes: Ein Reich ohne Sorge und ohne Misstrauen und Missgunst, ein Reich ohne Finanzierungsfragen und Geldnot. Ein Reich, in dem wir sorglos sein können wie die Vögel unter dem Himmel und die Lilien auf dem Feld. Ein Reich, in dem die Dinge so wie sie sind, in Ordnung sind.

Jesus lädt uns ein, daran zu glauben: an die Vision vom sorglosen Sein in Gottes Reich. Aber – Ist das nur Kinderkram?
Sind wir Erwachsene dafür nicht viel zu abgeklärt? Mir geht es so: Ich bin oft viel zu sehr vom Alltag ernüchtert, viel zu sehr mit Kleinkram beschäftigt, viel zu sehr mit den Malaisen des täglichen Lebens befasst, um den Blick frei zu halten, den Kopf frei zu kriegen für solche verrückten Ideen, solche köstlichen Verheißungen von einem Sein ohne Sorge.

Strebt nach Gottes Reich. Trachtet nach seiner Gerechtigkeit. Dann kommt alles, was ihr sonst noch braucht, ganz von selbst, sagt Jesus.

Meistens denke ich umgekehrt: Erst mal für alles sorgen, was mir wichtig ist: Pflichten, Kinder, Gesundheit, Arbeit. Wenn dann noch Zeit ist, kommt auch die Seele noch dran.
Aber von diesem Kind auf dem Kiesweg lerne ich, wie gut es tut, im Alltag immer mal wieder und wenigstens einen Augenblick lang Kreise der Sorglosigkeit zu zeichnen und daraus zu lernen fürs große Ganze.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33840
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