SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

24AUG2021
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Neulich wäre mir um ein Haar ein Fußgänger ins Auto gelaufen. Ich war auf dem Weg nach Hause. Es war an einer normalen Kreuzung. Da war kein Zebrastreifen, keine Ampel und auch sonst kein Fußgängerüberweg. Ich konnte also nichts dafür, habe ihn aber wild schimpfend im Rückspiegel gesehen. Deshalb habe ich angehalten. Aber er hat mich nur beschimpft. Und dann streckt der mir noch den Mittelfinger hin. Wie aggressiv dieser Mann war!

In letzter Zeit habe ich öfters das Gefühl, dass der Ton in unserer Gesellschaft immer rauer wird. Einsatzkräfte werden beschimpft und auch so im Alltag fällt mir das auf. An der Kasse im Supermarkt, geht es nicht schnell genug, auf der Straße geht es herzhafter zu und auch der Ton zwischen jungen Leuten wird rauer.

Was für ein wahnsinniger Unterschied zu dem, was Jesus in der Bibel fordert.
Er sagt: Wehrt euch nicht gegen Menschen, die euch etwas Böses antun! Sondern wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dann halte ihm auch deine andere Backe hin!

Und später geht Jesus sogar noch einen Schritt weiter. Ich soll sogar meine Feinde lieben.  Was für eine Herausforderung. Ich glaube zwar nicht, dass ich in dem Sinne Feinde habe. Aber es gibt natürlich immer Menschen, mit denen ich nicht klarkomme oder die mir das Leben schwer machen. Und jetzt soll ich sie lieben?

Ich glaube: Was Jesus eigentlich damit sagen wollte ist: Stell dich nicht auf die gleiche Stufe mit demjenigen, der dich gerade beschimpft oder dich auf die Backe schlägt. Wenn du zurückschlägst, kann es nur Verlierer geben. Mach nicht den gleichen Fehler. Beende die Aggression.

Leicht gesagt – aber gar nicht leicht, das auch zu beherzigen! Als mich der Fußgänger an der Kreuzung so beschimpft hat, habe ich gemerkt, dass mich das auch aggressiv macht. Ich habe mir kurz überlegt auszusteigen, um ihm meine Meinung zu sagen. Aber was hätte ich damit erreicht? Garantiert nur immer neue Beleidigungen.

Deshalb glaube ich hat Jesus versucht uns eine andere Möglichkeit anzubieten. Seine Botschaft: Eine oder einer muss anfangen den Kreislauf der Aggression zu durchbrechen.

Ich möchte eigentlich gerne in einer Gesellschaft leben, in der wir uns nicht die ganze Zeit beschimpfen und gegenseitig Beleidigungen an den Kopf schmeißen. Deshalb versuche ich ruhig zu bleiben. Meinen eigenen Ärger öfter einmal herunterzuschlucken, wenn mir jemand dumm kommt. Ich hoffe, ich trage meinen Teil dazu bei, dass der Ton auf der Straße wieder freundlicher wird.

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