Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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21AUG2021
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Hunde können Vorbilder sein. Sogar beim Glauben an Gott. Das denke ich manchmal, wenn ich in der Küche stehe und Obst oder Gemüse schneide. Meine Hunde lieben Gurken, Karotten, Äpfel oder ganz besonders Wassermelonen. Sobald ich am Schneidebrett stehe, sitzen beide mit gespitzten Ohren, erwartungsvoll neben mir auf dem Küchenboden. Aufmerksam verfolgen sie jede einzelne Bewegung.

Manchmal kann ich nicht anders und es fällt ein Happen Gurke oder ein Apfelschnitz für die beiden ab. Oft gehen meine Hunde aber auch leer aus. Aber selbst wenn sie nichts bekommen, sind die beiden nie enttäuscht. Jedenfalls sehn sie nicht so aus. Und das nächste Mal sitzen sie wieder genauso erwartungsfroh in der Küche.

Das finde ich erstaunlich. Und ich denke mir: Genauso müsste man eigentlich leben. Voll Vorfreude. Immer das Beste erwarten. Sich freuen über die guten Dinge im Leben, auch über Kleinigkeiten. Und nicht enttäuscht oder frustriert sein, wenn ich doch nicht kriege, was ich mir gewünscht habe. 

Und genauso müsste man eigentlich auch glauben. Jedenfalls meint das der Reformator Martin Luther. Er hat einmal gesagt: An Gott glauben heißt: Sich von Gott alles Gute erwarten und darauf vertrauen, dass Gott einem aus der Not heraushilft. Aber was ist, wenn Gott das nicht tut? Was ist, wenn ich das Gute, das ich mir erhoffe, manchmal nicht bekomme und Gott mir nicht aus meiner Notlage heraushilft? Dann fällt es schwer, nicht enttäuscht zu sein.

Ich glaube, diese Erfahrung machen viele Menschen. Und deshalb erwarten sich manche lieber nichts mehr von Gott. Wer nichts erwartet, kann auch nicht enttäuscht werden. Aber stimmt das wirklich? Wenn man sich nichts mehr von Gott und vom Leben erwartet, geht es einem dann wirklich besser. Ist die Enttäuschung dann nicht zu einem Grundgefühl geworden?

Und ist es nicht umgekehrt so: Wer nichts erwartet, der bekommt auch weniger. Würden meine Hunde aus lauter Enttäuschung, dass sie nichts bekommen haben, nicht mehr in die Küche kommen, dann würden sie erst recht leer ausgehen. Erwartungsvoll sein heißt auch aufmerksam sein für das Gute im Leben. Wenn ich keine Erwartungen mehr habe, dann übersehe ich das Gute, das Gott mir schenk, auch leichter. Wer erwartungsvoll ist, der hält Ausschau nach dem Guten, der rechnet damit und erfährt es dann auch öfter.

Ich denke, erwartungsvoll leben lohnt sich.

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