Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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16AUG2021
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Was für ein verregneter Sommer bis jetzt. Vor ein paar Jahren hätte ich mich über das miese Wetter geärgert. Früher war es ganz einfach: Wenn es warm und sonnig war, habe ich mich gefreut, wenn es kühl und nass war, habe ich mich geärgert. Unbewusst hatte ich das unerschütterliche Vertrauen: Alles gleicht sich irgendwie aus. Alles kommt wieder in Ordnung. Und so war es ja auch.

Heute ist das anders: Das Wetter ist extrem geworden. Die letzten Jahre war es so heiß und trocken in Deutschland, dass man sich Sorgen um das Trinkwasser machen musste. Und in diesem Jahr hat es so viel geregnet, dass in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ganze Ortschaften weggespült wurden.

Egal wie das Wetter ist, man muss sich irgendwie immer Sorgen machen. Bei gutem Wetter muss ich befürchten, dass die Ernten verdorren, die Fichten absterben, der Grundwasserspiegel sinkt und es Waldbrände gibt. Den alten Schlager „Wann wird‘s mal wieder richtig Sommer“, in dem sich Rudi Carrell „Sonnenschein von Juni bis September“ wünscht, kann ich schon lange nicht mehr unbeschwert mitsingen. – Und obwohl ich schlechtes Wetter nicht mag und Regen meine Stimmung in den Keller drückt, bin ich doch irgendwie erleichtert, wenn es regnet. Weil es die letzten Jahre viel zu trocken war. Und gleichzeitig kommt die Sorge hoch, dass es zu Unwettern und Überschwemmungen kommt.

Ich vermisse mein Vertrauen ins Wetter. Ich glaube, ich habe es verloren, weil wir Menschen jetzt unsere Finger mit im Spiel haben. Das extreme Wetter ist eine Folge des weltweiten Klimawandels. Und die Forscher sind sich einig: Der Klimawandel ist menschengemacht. Das Wetter ändert sich, weil die Menschen die Natur und ihre Rohstoffe seit Beginn der Industrialisierung immer mehr ausbeuten.

Menschen machen Wetter. Das ist neu. Jahrtausende lang war das Wetter der Inbegriff für das, was nicht in der Hand der Menschen liegt. Wenn wir Menschen etwas nicht beeinflussen konnten, dann war es das Wetter. Das Wetter war nicht Sache der Menschen, sondern die Sache Gottes. Ich finde, dort – in Gottes Hand – war es auch gut aufgehoben. Jedenfalls besser als in den Händen der Menschen.

Noch ist es möglich, die Erderwärmung auf zwei Grad zu beschränken, sagen die Wissenschaftler. Ich hoffe, wir können das Wetter wieder in die Hände zurücklegen, in die es gehört. Ich fände es schön, wenn sich auch meine Kinder und Enkel über gutes Wetter ganz unbeschwert freuen und sich über schlechtes so richtig ärgern können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33766
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