Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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13AUG2021
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Es gibt Menschen, die sagen, man kann eine Lüge schon an ihrem Klang erkennen:  Wenn man mit der Stimme ganz hoch anfängt und sie dann fallen lässt. Eine der berühmtesten Lügen in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts klingt genau so: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“. Walter Ulbricht hat das behauptet. Eine dreiste Lüge, das war schnell klar. Heute vor 60 Jahren begann der Bau der Berliner Mauer, die laut DDR Staatsführung niemals gebaut werden sollte. Der arme Walter Ulbricht. Was hätte er denn auf die gezielte Frage einer West- Journalistin antworten sollen? „Jawohl, am 13. August werden wir die Deutsche Demokratische Republik von der Außenwelt abriegeln“? Dann wären ihm ja noch ein paar hunderttausend Bürger weggelaufen. Also wird gelogen –auf Teufel komm raus, wie man bei uns so schön sagt. Womit auch schon klar ist, was von Lügen zu halten ist – nämlich gar nichts. Lügen, die sind „des Teufels“. Jeder weiß: ich soll nicht lügen – und jeder tut es, wahrscheinlich täglich. Und obwohl das „Du sollst nicht lügen“ einen Platz in den Geboten der Bibel hat, werden auch im Buch der Bücher munter Lügengeschichten erzählt. Zum Beispiel Petrus, nachdem man Jesus gefangen genommen hatte. „Du gehörst doch auch zu ihm“, sagen die Leute. Und Petrus antwortet: „Ich kenne diesen Menschen nicht“. Gelogen. Dann kräht der Hahn und Petrus erinnert sich, dass Jesus ihm genau diese Lüge vorhergesagt hat. Ich habe mal eine Lebensweisheit erzählt bekommen, die ich mir gemerkt habe, weil ich sie wirklich für wahr halte: Jede Lüge, die du dir im Leben leistest, klopft irgendwann an deiner Haustür an und haut dir ins Gesicht. Bei der Lüge vom Mauerbau hat es 28 Jahre gedauert. Dann ist die Mauer gefallen und heute weiß kaum noch einer, wo sie mal stand. „Ein Mund, der die Wahrheit sagt, hat für immer Bestand, / eine lügnerische Zunge nur einen Augenblick“. (Spr12,19) Diesen Satz aus dem Buch der Sprichwörter hat Walter Ulbricht wohl nicht gekannt.

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