SWR4 Abendgedanken

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31AUG2021
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Ich bin keine Superheldin.

Unter meinen Alltagskleidern ist kein Superwomankostüm mit rotem Cape versteckt. Ich kann nicht akrobatisch von Hochhaus zu Hochhaus springen und ich bekämpfe keine Bösewichte. Und vor allen Dingen bin ich verletzlich.

Superhelden aber sind unverwundbar.

Das dachte ich jedenfalls. Bis ich vor kurzem ein paar klassische Superhelden-Filme angeschaut habe.

Und da habe ich etwas gelernt: Superhelden haben Schwächen.

Der Superheld Batman zum Beispiel fürchtet die Fledermäuse und Superman hat Angst vor dem sogenannten Kryptonit - einem gefährlich strahlenden Mineral von seinem Heimatplaneten. Alle Superhelden haben etwas, was sie verletzbar macht. Und weil das so ist, haben sie Angst.

Wenn Superhelden also echte Schwächen und sogar Ängste haben – was macht sie denn dann überhaupt zu Superhelden?

Vielleicht bin ich dann ja irgendwie doch eine Superheldin. Denn Schwächen und Ängste habe ich jede Menge. Zum Beispiel streite ich nicht gerne. Konflikte sind sozusagen mein „Kryptonit“.

Gleichzeitig will ich für das, woran ich glaube und was ich für richtig halte, einstehen. Wenn um mich herum etwas passiert oder gesagt wird, das meinen Überzeugungen widerspricht, kann ich das nicht einfach so hinnehmen.  Zum Beispiel wenn etwas ungerecht ist. Dann muss ich etwas dagegen tun. Das Problem dabei ist, dass es dann leicht zu Streit kommen kann. Und grade vor offenen Konflikten habe ich ja eigentlich Angst. Es wäre aber nicht ok, deswegen meinen Mund zu halten, mich einfach weg zu ducken. Also muss ich tapfer sein.

Beim Wort „tapfer“ habe ich bisher immer an unverwundbare und furchtlose Superhelden gedacht. Aber ich glaube, tapfer zu sein, bedeutet mehr: nämlich etwas anzugehen, obwohl man Angst hat, z.B. vorm Streiten.

Auch wenn ich weiß, dass ich mir dabei eine Verletzung zuziehen kann. Gemeine Bemerkungen, die mich treffen; das Gefühl, abgelehnt zu werden oder die Enttäuschung, wenn ich einfach nicht gehört werde. Davor kann ich schon mal Angst haben. Aber meine Ängste müssen auch gar nicht weg, sie gehören zu mir. Und sie gehören sogar ganz wesentlich zum Tapfer-Sein dazu. Ich achte behutsam auf meine Grenzen, aber wenn ich merke, jetzt muss ich für eine Herzenssache kämpfen, dann gehe ich mutig voran. Dann bin ich tapfer, weil ich Angst habe. Ich glaube, das macht eine Superheldin wirklich aus.

Der Apostel Paulus sagt im Neuen Testament: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“.

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