SWR2 Wort zum Tag

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06AUG2021
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Wenn jemand blitz-artig mal sein oder ihr wahres Gesicht zeigt, macht das leider oft einen negativen Eindruck: Die war doch immer so freundlich, der wirkte so zugewandt oder sogar hilfreich – und kann sich dann doch als ziemlicher Schuft erweisen. Hat etwa mein Blick sie oder ihn bisher eher verklärt – also unklar gemacht?

Im katholischen Gottesdienst feiern sie heute die biblische Szene, in der Jesus von Nazaret sein wahres Gesicht zeigt. Verklärung Christi, heißt das Fest – und erzählt wird es so: Jesus steigt mit Petrus, Johannes und Jakobus auf einen Berg, um zu beten. Und während er betet, verändert sich sein Gesicht und sein Gewand wird leuchtend weiß. Die Propheten Mose und Elíja erscheinen und sprechen mit Jesus. Petrus und die anderen zwei sind eingeschlafen, werden aber wach und sehen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer bei ihm.

Das scheint mehr zu sein als ein Traum, aus dem sie da erwachen – und Petrus will auch gleich zur Tat schreiten: Meister, es ist gut, dass wir hier sind, sagt er. Wir wollen drei Hütten bauen, für dich, für Mose und für Elíja. Er wusste aber nicht, was er sagte, entschuldigt die Bibel ihn. So eine Erfahrung lässt sich eben nicht festhalten in ein paar Hütten.

Da überschattet sie eine Wolke und sie hören eine Stimme aus der Wolke: Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.

Und schon finden sie Jesus allein. Und sie schweigen und erzählen erst einmal niemand, was sie gesehen haben.

Verklärung? Also ein falsches, unwirkliches Bild, das die Freunde da sehen? Ich glaube, in diesem blitzartigen Moment haben sie gesehen und gehört, wer ihr Freund und Meister Jesus wirklich ist: viel mehr als der Zimmermanns-Sohn aus einem Dorf in der Nähe. Ein Mensch ganz in der Nähe von Gott – mit einem Auftrag und mit einer Sendung. Auf den soll hören, wer nach dem richtigen Weg sucht – für das eigene Leben und für die ganze Welt.

Sie sind dann heruntergekommen vom Tabor-Berg – zurück in die Niederungen des Alltags; Jesus predigt und heilt Kranke und tut andere Wunder. Seine drei Begleiter, die mit ihm auf dem Berg gewesen waren, die kannten da schon sein wahres Gesicht. Wie ihnen damals kann es einem noch heute die Sprache verschlagen.

Ich hoffe, wir können einander gelegentlich auch das wahre Gesicht zeigen – und entdecken, dass Gottes Liebe in jedem und jeder zu sehen ist. Jedenfalls will ich mir Mühe geben – mit Gottes Hilfe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33698
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