SWR2 Wort zum Tag

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03AUG2021
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Er hat ja nur getan, was jeder getan hätte – da ist Helmut Schilles ziemlich bescheiden. Keine Spur von Heldenverehrung – kann er drauf verzichten. Als Chef einer kleinen Baufirma hätte er den Job ja auch einem seiner Mitarbeiter aufdrücken können: der Abfluss der Steinbach-Talsperre war verstopft und musste freigebaggert werden – bevor der durchgeweichte achtzehn Meter hohe Staudamm bricht und in einer weiteren Hochwasser-Flutwelle zwei Dörfer ertränkt. Siebzig ist Schilles – und er hat das als mehr verstanden als nur einen Job. „Der Herrgott hat mich an diese Stelle gestellt“, sagt er im WDR-Fernsehen; „ich habe mich der Sache gestellt und meinen Rosenkranz gepackt und mich gesegnet – und dann bin ich da reingefahren. Und ich hab keine Sekunde Angst gehabt.“ Er war voll Vertrauen, dass die Wand nicht bricht – unter dem Druck von Millionen Kubikmetern und Tonnen Wasser hätte der Baggerführer aber auch keine Chance gehabt. Und die THW-Fachleute waren ziemlich skeptisch…

Es ist dann alles gut gegangen; ziemlich im letzten Moment allerdings. Der Stausee konnte kontrolliert abfließen – Gefahr gebannt. Und alle sind voll des Lobes über die Zusammenarbeit und das Engagement vieler einzelner Menschen und eben diese eine besondere Heldentat.

Und ja: er ist ein Held, auch wenn er das zurückweist. Wer die Wirklichkeit um sich herum wahrnimmt und die Not sieht und aktiv wird, statt sich abzuwenden und die anderen machen zu lassen oder „die da oben“: tut mehr, als sie oder er unbedingt oder gesetzlich tun müsste. Das ist schon heldenhaft.

Viele haben sich an der Erft und im Ahrtal und überall in der Katastrophe engagiert, weil es sich einfach so gehört, würden sie sagen.

Ich würde mit Helmut Schilles zusammen weiter gehen. Die Wirklichkeit und die Not sehen und meine Möglichkeiten anbieten, um zu helfen: das ist manchmal eben auch Gottes Auftrag an einen Menschen – ob er oder sie das so nennen würde oder ob sie es einfach nur selbstverständlich und sozial und moralisch finden. Wer auf das eigene Gewissen hört und sich ansprechen lässt, weil das Leben von so vielen Menschen bedroht ist, folgt Gottes Stimme. Wer hilft, auch auf Dauer, darf auf Gott vertrauen – wie Baggerfahrer Helmut.

(ogy.de/mobf – WDR Fernsehen Aktuelle Stunde, 19.7.2021 - 13‘20ff)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33695
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