SWR3 Gedanken

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26AUG2021
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Heute in einem Monat ist Bundestagswahl. Wir dürfen wählen. Verschiedene Parteien, verschiedene politische Konzepte und verschiedene Personen. Eine Wahl ist immer ein Fest der Demokratie, finde ich. Leider hat die Kirche nicht selten mit der Demokratie gefremdelt.

Was auch daran liegt, dass die Bibel sowas wie Demokratie nicht kennt. Man hatte es mehr mit Königen und Stammesfürsten, obwohl in Griechenland schon im 5. Jahrhundert vor Christus die Demokratie eingeführt wurde.

Allerdings diese erste Demokratie hatte nicht viel mit der Demokratie zu tun, wie wir sie heute kennen. Denn damals hatten weder Frauen, Sklaven noch Zugezogene etwas zu sagen. Und man musste mindestens 30 Jahre alt sein.

Die Bibel hat die Demokratie also nicht erfunden, aber ich behaupte, sie hat geholfen, sie weiterzuentwickeln. Denn an einer Stelle hat der Apostel Paulus geradezu revolutionäre Sätze geschrieben: „Aus Gottes Perspektive“ sagt er da einmal „sind wir alle eins: Da ist es egal ob jemand ein Mann ist oder eine Frau, ein Freier oder ein Sklave, ein Jude oder ein Grieche ist.“

Da sind sie wieder: Frauen, Slaven und Zugezogene.  Sie sind bei Paulus alle gleich. Warum sollten sie also nicht auch an der Demokratie teilhaben? Ist doch ein naheliegender Gedanke.

Ich weiß, das hat alles noch sehr lange gedauert, bis es wahr werden konnte. Der Geist der Bibel musste noch lange gegen das Patriarchat kämpfen. Viele Staaten haben ja erst vor 100 Jahren das Frauenwahlrecht eingeführt. Aber wer Paulus ernst genommen hat, für den lag diese Weiterentwicklung der Demokratie auf der Hand, finde ich. Ich freue mich jedenfalls, dass Paulus so eine Vision von unserem Zusammenleben formuliert hat, die für ihn selbst in weiter Ferne lag. Und damit, ohne es zu wissen, der Demokratie einen Schubser in die richtige Richtung gegeben hat.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33677
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