Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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19AUG2021
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„Wie gut, dass alles ein Ende hat! Ist das nicht herrlich befreiend?“ Mein Kollege hat das gesagt. Wir saßen in der Pause in der Sonne. Er hat die Arme hinter dem Kopf verschränkt und hat gelächelt….Er wirkte gar nicht so gestresst wie sonst. Normalerweise ist er meist kurz nach der Begrüßung schon wieder auf dem Sprung.  Diesmal ist es anders. Das Gesicht in die Sonne gereckt, hat er gesagt: „Weißt du was? Mir geht es richtig gut!“

Etwas überrascht von diesem Gesprächseinstieg ist mir erstmal nichts Besseres eingefallen, als: „Das ist schön! – und warum?“ –  „Weißt du, ich habe gerade über die befreiende Endlichkeit gelesen und nachdem ich erstmal ziemlich irritiert war, habe ich es mittlerweile verstanden. Es gibt so vieles was ich nicht muss, wenn ich mir bewusstmache, dass alles ein Ende hat. Und vor allem, dass meine Zeit endlich ist. Wenn ich mir das klarmache: Was ist dann wirklich wichtig?“ Er hielt es aus, eine längere Pause zu machen und gab mir so Zeit, ins Nachdenken zu kommen.  Gute Frage dachte ich – Karriere ist es nicht – Etwas verändern, schon. Zeit für Freunde und Familie sicher. Aber auch etwas für andere Menschen machen, sich engagieren.

Während ich so weiter dachte tranken wir schweigend den Espresso aus und zahlten. Als sich unsere Wege trennten, hatte sich da auch bei mir der Gedanke festgesetzt: Es braucht gar nicht so viel. Wirklich wichtig sind für mich meine Lieben und Freunde, Zeit für Engagement und einigermaßen versorgt sein. Mehr brauche ich eigentlich nicht. Und das Wissen um die Endlichkeit hat tatsächlich etwas Befreiendes, weil es mir den Blick frei macht für die Dinge, die wirklich wichtig sind. Und gleichzeitig schaue ich viel gelassener auf die Dinge, die eigentlich gar nicht so wichtig sind. Die „befreiende Endlichkeit“ als Geschenk annehmen und dabei zu finden, was wirklich wichtig ist – Wenn man dann so entspannt wie mein Kollege seinen Espresso trinken kann, ist das sicher eine lohnende Aufgabe. Was meinen Sie?

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