SWR3 Gedanken

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11AUG2021
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„Kein Handy am Tisch“, nörgle ich mal wieder. „Jaa“, murmelt der Große. „Ich wollte nur kurz nachsehen, was ein Okapi ist...“ Aha, davon hatten wir gerade die Rede. Gut, wenn man schnell googeln kann, wofür ich früher zum Regal laufen und dudeln musste, also im Duden lesen: „Das Okapi heißt auch Waldgiraffe.“ Heute gibt’s sekundenschnell Wissen, Wichtiges und Witziges. Kurz im Smartphone zu überfliegen und - die anderen dabei kurz oder lang zu übersehen. „Hallo“, wedle ich dem Großen vor Augen rum, aber der ist abgetaucht.

Ähnliches später im Cafe. Ein Mann schaut seiner Partnerin beim Chatten zu. Zwei Freundinnen sitzen über Aperol und ihren Insta-Accounts. Drei Jungs, ihre Daumen rasen übers Display. Ab und an ein „guckt mal“, ein Lachen, dann senken sich die Köpfe wieder. Und der Mann grummelt der Freundin ins Ohr: „Guckst du mich heut auch nochmal an?“ Tja, gesehen werden, das ist - weiß Gott – schön. „Gott, Du hast mich angesehen“, sagen Menschen in der Bibel, wenn sie sich gemeint und geliebt fühlen. Dass wir mal so oft auf geliebte Geräte blicken werden …

Ich denke an eins meiner ersten swr-3-Worte. Damals hab ich mich leicht lustig gemacht über das Mobiltelefon. Groß wie ein Klotz. Und nur zum Telefonieren für unterwegs. Damals. Wann war das noch gleich? Ich zücke mein Smartphone. Ah ja, in den 1990ern, sehe ich. Dann höre ich ein paar Audios, chatte ein bisschen. „Ach, hier bist du?“ Ich schaue hoch, da steht mein Großer. „Oh, schon so spät“, stammle ich. „Macht nichts, ich hab´ dich ja gesehen“, meint er. „Schön“, sage ich, „lass uns noch was trinken“. „Gern“, grinst er, „aber nur ohne Handy am Tisch“.

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