SWR2 Wort zum Tag

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23JUL2021
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Heute beginnen die Olympischen Spiele in Tokio. Ein Jahr verzögert und immer noch gibt es  viele Gründe, die dagegensprechen, dass Olympia in diesem Jahr stattfindet. Aber es gibt einen Punkt, der mich überzeugt, dass es richtig ist, die Spiele in diesem Jahr zu eröffnen: Olympia verbindet Menschen. Das war auch die ursprüngliche Idee.  Vor knapp 130 Jahren hatte ein junger französischer Student den Einfall dazu. Es war Pierre de Coubertin. Er glaubte daran, dass sportliche Wettkämpfe dabei helfen, junge Menschen aus aller Welt in Kontakt miteinander zu bringen. Statt sich Kriege zu liefern, könnte man sich lieber bei fairen Wettkämpfen messen. Das war einer seiner Leitgedanken. Coubertin konnte Athletikverbände für sein Vorhaben gewinnen. Ziemlich zeitgleich entdeckten deutsche Archäologen die antike Olympiastätte, was auf großes Interesse stieß. So war das Olympia-Fieber geboren und die Olympischen Spiele, die einst zu Ehren der Götter abgehalten wurden, lebten neu auf.

Coubertins Idee ist zeitgemäßer denn je: die Menschen verschiedener Nationen brauchen Ereignisse, bei denen sie sich friedlich begegnen können. Und doch scheint dieser Grundgedanke bei Olympia in den Hintergrund gerückt zu sein.

Olympia ist eine riesige Maschinerie, bei der es um Erfolg und Geld geht und nicht unbedingt um den Gedanken „Dabei sein ist alles“. Da ist es wichtiger, welches Land die meisten Medaillen gewinnt, und nicht, wer mit wem neue Freundschaften schließt.

Aber ich kann den Zauber von Olympia und Coubertins ursprüngliche Vision hoffentlich auch in diesem Jahr wieder spüren.

Wenn ein Sportler stürzt und der Konkurrent ihm wieder aufhilft, obwohl er dadurch Zeit verliert. Oder wenn sich auf dem Siegerpodest Sportlerinnen herzlich gratulieren, obwohl sie aus Ländern kommen, die politisch verfeindet sind. Für mich sind genau das die Momente, die unter die Haut gehen und in Erinnerung bleiben. Und solche Momente braucht die Welt auch im Jahr 2021 wieder. Momente des Miteinanders, die gehen über die sportlichen Wettkämpfe hinaus.

Wenn ich in meinem Alltag mit anderen für ein gemeinsames Ziel kämpfe, dann kann das mein Leben um schöne Momente bereichern. Gemeinsam ins Ziel zu kommen ist ein echter Gewinn. Nicht nur bei Olympia.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33613
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