SWR1 Begegnungen

SWR1 Begegnungen

25JUL2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in
Sarah Schott Copyright: Hanna Herzog

Begegnungen mit Christopher Hoffmann...

...und mit Sarah Schott, die vom SWR in einer Fernsehdokumentation begleitet wurde. Die 25-Jährige ist seit ihrer Geburt an Mukoviszidose erkrankt. Sie ist in Idar-Oberstein aufgewachsen und  nach dem Abitur nach Koblenz gezogen, um dort Lehramt zu studieren. Vor drei Jahren hat sich ihr  Zustand immer mehr verschlechtert, sie musste die meiste Zeit in Kliniken verbringen. Nur noch eine neue Lunge konnte ihr jetzt helfen. Zehn Monate stand sie auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Dann kam der Anruf aus der Klinik und die Transplantation verlief erfolgreich:  

 Es ist ein zweites Leben, was mir da geschenkt wurde. Mit so viel mehr Lebensqualität und Freude und Energie und Kraft, das ist das Allergrößte, was ich je bekommen hab. Vorher hatte ich immer so ein Rasseln und ein Pfeifen in der Lunge, von dem Schleim, von der Enge, es hat mich unglaublich viel Kraft gekostet , als ob zehn Elefanten auf dem Brustkorb sitzen und jetzt ging alles so einfach: und das war total faszinierend für mich.                                                              

Faszinierend finde ich, wie Sarah mit ihrer persönlichen Geschichte umgeht  - und da bin ich nicht allein. Denn auf Instagram folgen ihr inzwischen über 50.000 Menschen. Und die bekommen einen Einblick in das Leben der jungen Frau, deren Alltag sich durch die neue Lunge komplett verändert hat:                                                                                    

Es sind ganz viele Kleinigkeiten: dass ich auch im Haus mir zum Beispiel ein Glas Wasser einfach  aus der Küche holen gehe ohne jetzt drüber nachzudenken: „Hab ich wirklich so viel Durst, dass sich dieser Weg lohnt?“ Dass ich keine Panikattacke kriege, wenn ich eine Treppe sehe, weil ich mir keine Gedanken machen muss: „Wie komm ich denn jetzt da hoch?“  Ich kann lachen ohne dabei danach einen Hustenanfall zu bekommen und halb zu ersticken, ich kann meine Wäsche waschen, ich kann mein Essen selber kochen.

Weil Sarah weiß, dass tausende Menschen weiterhin täglich auf ein Spenderorgan warten, geht sie mit dem Thema in die Öffentlichkeit. Ob jemand Organe spenden möchte oder nicht, bleibt eine ganz persönliche Entscheidung. Und egal ob ja oder nein: Jede und jeder sollte diese Entscheidung auf einem Organspendeausweis festhalten und mit seinen Angehörigen darüber sprechen, findet Sarah.  Ich frage sie: Wie lange können transplantierte Patienten im Schnitt mit einer neuen Lunge leben? Es sind statistisch gesehen 5-6 Jahre. Da muss ich schlucken.  Nur 5-6 Jahre?                  

Ich glaube ich hab einfach eine grundlegend ganz andere Perspektive, weil -ich sag mal so- mein Leben hätte vor zwei Jahren geendet, wenn ich diese Transplantation nicht bekomme und dadurch ist jedes Jahr total wertvoll, jeder Tag eigentlich ist ein weiteres Geschenk. Es ist nicht selbstverständlich zu leben, es ist nicht selbstverständlich gesund zu sein, es ist nicht selbstverständlich, dass es einem so gut geht, wie es den meisten Menschen in Deutschland  geht. Ja und ich glaube auch irgendwie , dass am Ende das Leben  nicht darin zu bewerten ist  wie alt man jetzt geworden ist, oder wie lang man gelebt hat, sondern was man vielleicht bewirkt hat und wie glücklich man in seiner Lebenszeit war. 

Ich spreche mit Sarah Schott. Seit ihrer Lungentransplantation 2019 muss die 25-jährige Studentin in der Woche 250 Tabletten einnehmen. In der Folge entsteht ein Tumor in ihrem Darm. Ein erneuter Rückschlag. Ohne ihre Familie und ihre Freunde hätte sie das nicht durchgehalten: 

 Weil ich weiß:  Wenn ich hinfalle, sind Menschen da, die mich auffangen und ich liebe meine Freunde dafür, dass ich mich wirklich komplett blind auf sie verlassen kann in allen Punkten und unsere Beziehung untereinander ist so wertvoll, weil sie einfach so eng ist und so bereichernd ist.

Und der Glaube, hat der für sie auch eine Bedeutung?  

Der Glaube spielt eine ganz große Rolle, weil ich einfach irgendwie das Gefühl habe, dass Gott für mich da ist und dass dieser Weg, den ich gehe, auch wenn ich vielleicht selbst nicht verstehe, wieso er so ist und wieso er Sinn macht, trotzdem hab ich das Gefühl, dass er richtig ist und es fühlt sich irgendwo dadurch auch richtig an diesen Weg zu gehen mit all seinen Hindernissen und Komplikationen und Irrwegen, die es gibt , aber irgendwie vertraue ich in Gott darauf, dass es der richtige Weg für mich ist.                                                                         

Sarah glaubt nicht, dass Gott es war, der ihr den Krebs geschickt hat. Sondern dass Gott es ist, der sie mit dieser Diagnose nicht allein lässt. Im Moment geht es ihr gesundheitlich gut, der Krebs wird kleiner. Die Lunge funktioniert.  Aber Sarah hat sich in ihrem Leben immer wieder mit dem Tod auseinandersetzen müssen.  Ihre Schwester, die ebenfalls an Mukoviszidose erkrankt war, starb als sie ein Teenager war. Sarah selbst kennt das Gefühl, bald vielleicht sterben zu müssen. Glaubt sie an ein Leben nach dem Tod? 

Ja, absolut, also ich glaub das ist auch mit der Grund, warum ich in dem Sinne  keine Angst vor dem Tod habe, weil ich daran glaube und vertraue, dass man in Gottes Gemeinschaft aufgenommen wird und dass ich davor keine Angst haben muss. Dass ich vielleicht meine Schwester dann wiedersehe –  irgendwie. Also ich hab keine Ahnung wie das sein wird oder so , aber ich hab in mir das Gefühl, dass es gut wird und von daher hab ich keine Angst vor dem Tod, weil ich auch weiß:  auch im Tod ist Gott bei mir.

Ich bin beeindruckt von Sarah: trotz ihrer Krankheitsgeschichte ist sie ein Mensch, der das Leben genießt. Und dabei immer auch an andere denkt. Ihr neuestes Projekt - eine Kuscheltierpatenschaftsaktion - managt sie über ihren Instagramkanal „Pinguinkuh“, benannt nach ihrem absoluten Lieblingstier, dem Pinguin. Und kleine Pinguine bringt sie dabei auch selbst als Kuscheltiere zu kranken Kindern:

Mein insgeheimer Traum ist es irgendwann mal in jeder Kinderklinik ein Satz Kuscheltiere vorbeigebracht zu haben. Mich macht das glücklich und es gibt mir  viel mehr zurück, als ich jemals dafür gebe. Ich möchte jetzt meine Energie für solche Sachen investieren und hab Freude daran diesen Kindern, die jetzt gerade zum Beispiel im Krankenhaus sind, so eine Freude machen zu können mit so einem Kuscheltier, weil ich eben selbst weiß wie es ist, lange im Krankenhaus zu sein und ich weiß, wie viel wert so was sein kann und wie einen das noch mal vielleicht wirklich motivieren kann: Hey, da denkt jemand an dich – gib nicht auf, mach weiter und das glaub ich total viel bewirken kann. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33609
weiterlesen...