Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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23JUL2021
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„Warum muss so ein lieber Mensch so leiden?“ Neulich hat mich das wieder jemand gefragt. Da haben wir zusammengesessen und eine Beerdigung vorbereitet. Wir haben über das Leben des Verstorbenen gesprochen. Über seine Hilfsbereitschaft, seinen Sinn für Gemeinschaft, dass er vielen anderen Menschen gutgetan hat. Aber auch über seine schweren Erkrankungen, teils schon in frühen Jahren. An der letzten ist er dann gestorben.

Warum musste ein lieber Mensch so leiden? Und warum haben manche Leute das Glück scheinbar gepachtet, obwohl ihnen andere egal sind? Wie jemand sein Leben verbringt und wie es ihm dann ergeht – das scheint oft nicht zusammenzupassen. Ein gesundes Leben, ein erträgliches Schicksal kann man sich anscheinend nicht verdienen. Genauso wenig, wie man sagen darf: Wer schlimm leidet, hat sich das schon irgendwie selbst zuzuschreiben. So einfach ist die Sache eben nicht.

Mitten in der Bibel steht die Geschichte von Hiob. Auch Hiob ist für viele andere Menschen dagewesen. Und noch mehr – er hat ein völlig tadelloses Leben geführt, heißt es. Wenn irgendjemand ein leidfreies Leben verdient hat, dann doch er!

Aber ausgerechnet diesen Hiob treffen dann ganz schlimme Botschaften. Er verliert alles: seinen Besitz und seine Familie, und wird schließlich noch schwer krank.

Warum das so kommt, welcher Sinn darin steckt – im Hiobbuch finden sich verschiedene Antwortversuche darauf. Restlos überzeugen kann letztlich keiner davon.

Zugleich wird aber auch ganz praktisch erzählt, was Hiob hilft in seinem Leid: Er wird von Freunden besucht und findet auch in Gott einen Ansprechpartner.

„Warum muss so ein lieber Mensch so leiden?“ Ich habe keine kluge Antwort auf diese Frage. Auch und gerade als Pfarrer nicht. Mit seiner liebevollen Art konnte der Verstorbene sein Schicksal nicht abwenden. Aber ich überlege, ob seine Taten nicht doch zu ihm zurückgekehrt sind: Wer Liebe verbreitet, Offenheit zeigt, kann vielleicht besser umgehen mit dem Leid, hat auch dafür irgendwie Kraft. Und hoffentlich Menschen an der Seite, die dann etwas zurückgeben können und unterstützen. So wie in der Erzählung von Hiob.

… und so wie in dem Beerdigungsgespräch neulich. Da habe ich genauso vom gegenseitigen Zusammenhalt gehört, wie man die Zeiten der Krankheit gemeinsam durchgestanden hat. Gefühlt hat dann gar nicht das Leid im Mittelpunkt gestanden, sondern die Liebe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33536
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