SWR3 Gedanken

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13JUL2021
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„Man erwartet ja nichts anderes von Kirche als Ignoranz und Diskriminierung!“ wettert die junge Frau. Sie hat mir eine erboste Email geschrieben. Vor geraumer Zeit hatte ich einen Radiobeitrag über einen jungen Transgendermann veröffentlicht, den hat sie im Internet gefunden und gelesen. Und die junge Frau ist ganz außer sich und wirft mir in unmissverständlichen Worten vor, Transgendermenschen zu diskriminieren – was man ja nicht anders erwartet von Leuten wie mir und meiner Kirche!

Ganz freundlich antworte ich ihr, dass ich das genau so sehe wie sie, Menschen werden leider immer noch – in unserer Gesellschaft, in unseren Kirchen – wegen ihrer Sexualität verurteilt, weswegen ich besagten Radiobeitrag geschrieben hätte, um dem etwas entgegen zu stellen. Aber, so habe ich der jungen Frau geantwortet, die evangelische Kirche ist demokratisch verfasst – und eine Demokratie bringt es so mit sich, dass nicht alle Menschen einer Meinung sind, damit muss man leben.

Nun, für mich war mit meiner Antwortmail die Sache erledigt und ich dachte darüber nicht weiter nach.
Bis ich ein paar Tage später eine totale Überraschung erlebte: die junge Frau schrieb zurück – und entschuldigte sich. Sie habe den Beitrag nicht richtig gelesen, sie habe einfach ihren Vorurteilen nachgegeben, zukünftig würde sie, bevor sie Hatemails schreibt, genauer recherchieren, sie bitte mich um Entschuldigung.

Ganz ehrlich, mich hat diese Email richtig gerührt! Entschuldigungen sind rar geworden. Wann habe ich das letzte Mal eine Entschuldigung erhalten? Wann habe ich mich das letzte Mal bei jemandem entschuldigt?

Ich glaube, es ist menschlich, sich zu irren, Fehler zu begehen. Wer einsieht, ja, ich habe etwas falsch gemacht… und wer dann um Entschuldigung bittet – hat für mich wahre Größe!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33510
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