SWR2 Wort zum Tag

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05JUL2021
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Normalerweise vergessen wir Menschen nicht zu atmen, aber meistens vergessen wir, dass wir es tun. Es geschieht automatisch, ansonsten würden wir sterben. Um zu überleben müssen wir uns nicht bewusst machen, dass wir atmen, und deshalb tun es die meisten Menschen auch nicht.

Das ist ein Fehler, findet der US-amerikanische Meditationslehrer Martin Boroson. Wie viele anderen verweist er auf die positiven Effekte, die sich einstellen, wenn wir uns immer wieder Zeit nehmen, bewusst wahrzunehmen, wie unser Atem ein- und ausströmt: es kann dabei helfen, Abstand von den Alltagsproblemen zu gewinnen, zu entspannen und Stress abzubauen. Martin Boroson ist überzeugt: Wenn wir das regelmäßig tun, dann sind wir glücklicher, gesünder und sogar leistungsfähiger.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es stimmt. Ich erlebe selbst, wie gut es mir tut. Aber ich finde oft nicht die Zeit dazu, vor allem nicht, wenn ich sie am dringendsten benötige: dann, wenn es besonders stressig ist. Hier kommt Martin Boroson wieder ins Spiel. Er behauptet, eine Minute am Tag bewusst atmen reicht aus. Und für diese eine Minute, meint er, habe wohl jeder Zeit.

Er nennt diese Art zu meditieren „One Moment Meditation“ und gibt dazu folgende Anweisungen:

  1. Wähle einen Ort, an dem du ungestört bist.
  2. Stelle einen Wecker auf eine Minute.
  3. Setze dich aufrecht hin, und mache in dieser Minute nichts anderes als deinen eigenen Atem wahrzunehmen.
  4. Wenn dich etwas ablenkt, dann ärgere dich nicht darüber. Sag kurz „Hmm“ und konzentriere dich wieder auf deinen Atem.
  5. Wenn der Wecker klingelt, dann beende die Übung.

Das ist alles. Wichtig ist nur, dran zu bleiben und jeden Tag mindestens einmal eine Minute zu üben.

Seit einiger Zeit probiere ich das aus. Ich habe mir vorgenommen, mir immer am Beginn und am Ende meines Arbeitstages diese eine Minute zu gönnen.

Auch wenn es sich immer nur um eine Minute handelt, vergesse ich es manchmal. Aber meistens denke ich dran – und das finde ich für den Anfang schon ganz gut. Wie sehr es mir gelingt, mich in dieser Minute tatsächlich auf meinen Atem zu konzentrieren, ist sehr unterschiedlich. Aber das macht nichts. Allein die Tatsache, dass ich mich dazu hinsetze, lässt mich kurz aufatmen.

Für mich ist diese Minute mehr als nur eine Entspannungstechnik. Für mich ist sie auch ein kurzes Gebet. Wenn ich mich mit meinem Atem verbinde, dann nehmen ich Kontakt auf mit Gott, weil ich glaube, dass er es ist, der mich atmen lässt.

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