Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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10JUL2021
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Morgen ist Endspiel. Haben Sie mitgefiebert bei der Europameisterschaft? Ich hatte den Eindruck: Dieses Jahr hat es ziemlich lange gedauert, bis ein wenig Fußball-Begeisterung zu spüren war. Ob es vor allem an Corona lag – oder auch daran, dass die meisten Jogis Jungs nicht viel zugetraut haben? Keine Ahnung. Auf jeden Fall war erst mal wenig los.

Nur eine einzige Familie in unserem Dorf hat gleich zu Beginn der EM eine lange Girlande aus Deutschland-Wimpeln in ihren Vorgarten gehängt. Die Familie wohnt erst seit einigen Jahre hier – sie sind aus Syrien nach Deutschland geflüchtet, denn der Krieg hat ihre Heimat in Schutt und Asche gelegt.

Ich finde, die Wimpel sind ein schönes Zeichen: Wir sind jetzt hier, haben sie damit gesagt – und wünschen Deutschland Glück.

Die schwarz-rot-goldene Girlande im Vorgarten der geflüchteten Familie hat mich an eine Erzählung aus der Bibel erinnert. Damals, vor rund 2500 Jahren, ging es den Menschen aus Israel ähnlich wie unseren syrischen Nachbarn: Ein Krieg hatte ihre Heimat zerstört, und nun lebten sie unfreiwillig in einem fremden Land mit einer anderen Sprache, Kultur und Religion. Die Lage war schwierig. Wie sollten sie sich verhalten? Der Prophet Jeremia hatte damals eine klare Botschaft von Gott für seine Leute in der Fremde: Sucht das Beste für die Stadt! Betet für die fremde Stadt, in der ihr jetzt wohnt. Denn wenn es der Stadt gut geht, dann geht es auch euch gut.

Ob die syrische Familie auch für unsere Stadt betet, das weiß ich nicht. Aber mit ihren Wimpeln zeigen sie: Wir fiebern mit -  mit dem Ort und dem Land, in dem wir leben. Wir grenzen uns nicht ab, sondern wir wollen dazu beitragen, dass das Zusammenleben gelingt.

Sucht das Beste für die Stadt! Ich finde, das ist nicht nur ein gutes Motto für Menschen, die ursprünglich woanders herkommen. Sondern für uns alle. Egal, wie lange wir schon da wohnen, wo wir gerade sind. Dass es unserer Nachbarschaft, unserem Dorf oder unserer Stadt gut geht, dafür kann jeder und jede sich einsetzen. Ob im Sportverein, im Ortschaftsrat oder in der Nachbarschaftshilfe. Oder vielleicht auch einfach mit ein paar schönen Blumen auf dem Fensterbrett oder einigen freundlichen Worten für die Nachbarin.

Sucht das Beste für die Stadt – unsere syrischen Nachbarn machen das. Ich hoffe, sie haben morgen einen schönen Fußballabend!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33460
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