Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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07JUL2021
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Kleider machen Leute, heißt es. Und in der Tat: Ich staune manchmal, wenn ich vor dem Spiegel stehe. Was für einen Unterschied es macht, ob ich meine schlabbrige Jogginghose anhabe, einen leichten Sommerrock oder einen dunklen Hosenanzug. Ich sehe nicht nur anders aus, ich stehe irgendwie auch anders da – und sogar meine Stimmung verändert sich.

Was ich anziehe, macht einen Unterschied – nicht nur äußerlich. Daran erinnert auch eine alte christliche Tradition: das Taufkleid. Von Anfang an wurden Menschen mit der Taufe in die Kirche aufgenommen. Ganz und gar sind sie ursprünglich ins Wasser eingetaucht und anschließend wurde ihnen ein neues, weißes Gewand angezogen: Ich bin jetzt quasi ein neuer Mensch, sollte das zeigen. Was ich vorher anhatte spielt keine Rolle mehr – egal ob es ein Königsgewand war oder ein einfaches Leinenkleid: Gott macht keinen Unterschied. Bis heute gibt es in den Kirchen Anklänge an diese Tradition. Zum Beispiel die langen weißen Taufkleidchen, in denen manche Eltern ihr Kind zur Taufe bringen.

Spannend finde ich, was der Apostel Paulus in der Bibel dazu schreibt: Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Christus anziehen – ich verstehe das so: Gott umhüllt mich wie ein unsichtbares Kleid. Damit bin ich immer gut angezogen – was auch immer im Leben auf mich zukommt.

Und dieses Kleid macht einen Unterschied! Egal, ob ich sonst Jogginghose trage, Hosenanzug oder Blümchenrock: Das Taufkleid verbindet mich mit anderen Menschen. So sieht es zumindest Paulus: Ihr alle ... habt Christus angezogen.Jetzt ist es nicht mehr wichtig, ob ihr Juden oder Griechen seid, Sklaven oder Freie, Männer oder Frauen: In Jesus Christus seid ihr alle eins.

Für alle, die dieses Kleid tragen, spielt es also keine Rolle mehr, welches Geschlecht sie haben, aus welchem Land sie kommen, oder ob sie sich sonst schicke Kleider leisten können. Alle habe dieselbe Würde und gehören zusammen. Zur Zeit von Paulus war diese Gedanke revolutionär. Aber auch heute ist das alles andere als selbstverständlich.

Kleider machen Leute! Wenn ich vor dem Spiegel stehe, denke ich manchmal daran, was Paulus sagt: Ihr habt Christus anzogen. Dann wird mir klar: Egal, wie du gerade aussiehst, egal, wie du dich gerade fühlst – Gott umgibt dich wie ein unsichtbares Kleidungsstück. Du bist immer gut angezogen. Wie die anderen auch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33457
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