SWR3 Gedanken

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09JUL2021
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Eine Website hat mich ganz schön aufgerüttelt. Mir war schon immer klar, dass die Todesstrafe unmenschlich ist. Aber seit ich diese Website besucht habe, haben all die Hingerichteten ein Gesicht und eine Stimme bekommen. Und die sagen ganz deutlich: Die Todesstrafe gehört abgeschafft.

Es ist die Homepage der Gefängnisverwaltung des US Staates Texas, auf der alle fast 600 bisher hingerichteten Menschen aufgelistet sind. Man kann ihre Personalien mit Bild anschauen, und die letzten Worte, die sie gesagt haben. Manche grüßen ihre Liebsten, einige beteuern ihre Unschuld, andere bitten um Vergebung, und viele beten auch.

Es gab mal Zeiten, da wurden Witze über „famous last words“ gemacht, nicht zuletzt weil ein Album der Band Supertramp so hieß. Aber bei dieser Auflistung bleiben einem die Witze im Halse stecken. Weil diese Worte mich berühren, weil sie echt sind und weil mir das Drama um die Todesstrafe noch einmal bewusst wird. Kimberly McCarthy hat vor ihrem Tod gesagt: „Das ist kein Verlust, das ist ein Gewinn. Ich gehe jetzt nach Hause zu Jesus.“

Wohl denen, die so einen starken Glauben haben, für die Sterben so etwas ist wie nach Hause gehen. Dieser Gedanke kann echt helfen und trösten. Aber er darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Todesstrafe furchtbar und unerträglich ist. So, wie es Thomas Barefoot vor seiner Hinrichtung im Oktober 1984 gesagt hat: „Ich hoffe, dass wir eines Tages auf das Teuflische, was wir gerade tun, zurückblicken können.“

 

siehe Homepage der Gefängnisverwaltung des US Staates Texas:

https://www.tdcj.texas.gov/death_row/dr_info/barefootthomaslast.html  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33450
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