SWR3 Gedanken

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07JUL2021
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An der Ostküste der USA ist etwas total Irres passiert: Ein Taucher, der in der Nähe von Cape Cod nach Hummern gesucht hat, wurde von einem Buckelwal verschluckt. Der 56-Jährige war für gut 30 Sekunden im Wal, bevor dieser aufgetaucht ist und ihn wieder freigelassen hat. Walexperten gehen davon aus, dass der Wal das extra getan hat, um den Taucher zu retten.

Das ist genau wie bei der Geschichte des Propheten Jona. Der wird auch von einem Wal verschluckt und wieder ausgespuckt. Jona hat zunächst mal überhaupt keine Lust auf einen göttlichen Auftrag. Er soll den Einwohnern von Ninive so richtig einheizen, weil die ständig über die Stränge schlagen: Glückspiel, Gewalt und Gelage.

Verständlich, dass Jona nicht als Spielverderber dastehen möchte. Und deshalb verkriecht er sich vor Gott auf ein auslaufendes Schiff. Aber das ist natürlich für die Katz, denn Gott sieht alles – weiß man doch. Ein mächtiger Sturm zieht auf. Jona ahnt, dass er daran schuld ist und geht ehrenhaft über Bord, um wenigstens die Crew zu retten. Und jetzt kommt der Wal ins Spiel. Der verschluckt Jona – genau wie beim Hummerfischer von Cape Cod. Aber Jona bleibt nicht nur eine halbe Minute im Wal, sondern geschlagene drei Tage.

Im Innern des Wals stellt sich Jona seinen größten Ängsten: nämlich in Ninive ausgelacht, ignoriert oder niedergemacht zu werden. Und als er schließlich bereit ist für die heikle Prophetenmission, da wird er wieder ausgespuckt ans rettende Ufer.

Der Wal steht sinnbildlich dafür, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Diese Aufgabe wirkt erst mal groß, dunkel und bedrohlich. Aber wenn ich mich ihr stelle, kann das einen neuen erlösten Menschen aus mir machen: weniger ängstlich, weniger eitel, weniger selbstbezogen und um ein Abenteuer reicher – wie der Hummerfischer von Cape Cod.

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