SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

06JUL2021
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Wenn die Hitze sich nach einem schwülen Sommertag in Blitz und Regen entlädt und alles aufatmet. Ich mag das. An einem sicheren Ort natürlich. Wenn ich im Bett liege oder wenn ich mich irgendwo unterstellen und beobachten kann, wie ein Gewitter durchzieht. Meistens zähle ich die Sekunden zwischen Blitz und Donner, damit ich weiß, ob es sich nähert oder schon weiterzieht.

Als Kind war das anders. Da hat es mir eher Angst gemacht. Ich erinnere mich noch genau, wie ich als kleiner Junge mit meinen Großeltern zum Erdbeerpflücken gegangen bin. Wir sind ein Stück gewandert bis zu dem Feld. Es war drückend heiß, bis plötzlich wie aus dem Nichts ein starkes Gewitter gekommen ist. Mitten auf dem Feld war nichts zum Unterstellen, nur die kleine Holzhütte, wo man die Erdbeeren abwiegen und bezahlen konnte. Alle Leute haben sich dort eng nebeneinander untergestellt und gewartet bis es wieder aufhört. Ich weiß noch, dass ich es damals mit der Angst zu tun bekommen habe. Was mich beruhigt hat, war, dass meine Großeltern dabei sind. Mein Großvater hat mir damals erklärt, warum wir uns nicht unter den Bäumen in der Nähe unterstellen können. Dass er in dieser gefährlichen Situation so ruhig geblieben ist und Rat gewusst hat, hat mich beruhigt. Ich denke heute als Erwachsener gerne an diese Episode, weil sie mir zeigt, wie groß mein Bedürfnis nach Schutz sein kann. Und weil ich dann wieder spüren kann, wie stark es sich anfühlt, wenn Großeltern oder Eltern mich schützen.

Wenn Gott mit einem Vater oder einer Mutter verglichen wird, steckt letztlich dieses Geborgenheitsgefühl dahinter. Mag sein, dass das naiv wirkt. Aber ich habe Situationen erlebt, wo ich mit schwerer Krankheit zu kämpfen hatte, und nach allen Therapien, Behandlungen und Gesprächen mit den Ärzten habe ich gemerkt, dass ich es wieder brauchen könnte. Dieses Gefühl behütet zu sein und mich darauf verlassen zu können.

Letzten Endes weiß ich nie mit Sicherheit, ob dieses Vertrauen am Ende wirklich dazu führt, dass Gott mich schützt und bei mir ist. Ich kann es nur hoffen, dass er mich am Ende noch in seiner schützenden Hand hält. Dazu muss ich dieses Vertrauen aufbringen, meine Befürchtungen loslassen und den Wunsch, dass ich mein Leben selbst unter Kontrolle habe. Ich glaube, dass ich das in jeder kritischen Situation neu machen muss. Aber ich hoffe auch, dass es mir leichter fällt, wenn ich die Erfahrung öfter mache, dass ich mit diesem Vertrauen gestärkt durch kritische Situationen komme, in denen ich mich hilflos fühle wie ein Kind im Gewitter. Aber eben mit dem Gefühl, dass ich letzten Endes bei Gott geborgen bin, weil er mir sagt: „Du musst keine Angst haben!“

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